Chemische Wochen in der Türkei

Es sind nicht immer nur schöne Landschaften, historische Stätten oder die Begegnungen mit wunderbaren Menschen, die mich auf der Reise begeistern. Manchmal sind es auch die Dinge, die das Chemielehrer-Herz aufblühen lassen. Im April war dies gleich dreimal der Fall.

Marmor

Marmor ist ein wunderschönes, natürliches Gestein. Es besteht aus den Mineralien Calcit (eine auskristallisierte Form von Calciumcarbonat) und / oder Dolomit (eine auskristallisierte Form von Calcium-Magnesium-Carbonat). Manchmal ist auch noch Aragonit (eine andere auskristallisierte Form von Calciumcarbonat) enthalten, oftmals auch noch ein paar Verunreinigungen.

Marmor-Abbau in der Türkei.

Das edel wirkende Gestein wird schon seit Ewigkeiten für prunkvolle Bauten verwendet, bei meinem Besuch in Athen habe ich so viele Marmor-Bauwerke auf einem Haufen gesehen wie noch nie zu vor. Um so spannender war es nun für mich einmal ein paar Marmorsteinbrüche mit eigenen Augen zu sehen. In einigen Regionen der Türkei scheint es Unmengen an Marmor-Vorkommen zu geben. Zumindest habe ich dort unglaublich viele aktive oder noch vor kurzem aktive Marmorsteinbrüche entdecken können. Mit schwerem Gerät werden dort teilweise rund um die Uhr riesige Marmorblöcke aus dem Berg geschnitten und anschließend per LKW abtransportiert. Immer dann, wenn mir wieder vermehrt Marmor transportierende LKWs auf den Straßen begegneten, konnte ein Steinbruch nicht weit sein.

Die Schnittkanten in den Steinbrüchen sind äußerst glatt, präzise und sauber. Die Größe der abgebauten Blöcke schon ziemlich beeindruckend. Mit der heutigen Technik alles kein Problem, bei den alten Griechen ging das vermutlich etwas anstrengender zu.

Travertin

Travertin ist ein weißes, manchmal auch beige gelbliches festes Gestein. Es entsteht durch Sinterung, das heißt Mineralien lagern sich langsam übereinander ab. In diesem Fall ist es Calciumhydrogencarbonat, welches im Wasser von Thermalquellen gelöst aus der Erde kommt. Beim Abkühlen zersetzt sich dies dabei in Calciumcarbonat und Kohlenstoffdioxid. Da Calciumcarbonat eher schlecht wasserlöslich ist, setzt sich dieses dann ab, wodurch sich das Travertin-Gestein bildet. Traverin besteht also chemisch gesehen auch wie Marmor aus Calciumcarbonat, ist jedoch etwas poröser.

Die Kalksinter-Terassen von Pamukkale.

Bei dem Türkischen Dorf Pamukkale gibt es einige solcher Thermalquellen und dadurch haben sich dort über tausende Jahre riesige Sinterterrasen aus Travertin gebildet. Die Terrassen müssen schon zu Zeiten der alten Griechen existiert haben, denn oberhalb dieser Terrassen finden sich die Ruinen der antiken Stadt Hierapolis mit zahlreichen Bädern.

In den 1960er Jahren haben geschäftstüchtige Menschen Hotels direkt an den oberen Rand der Terrassen gebaut, das Thermalwasser abgeschöpft und teilweise auch ihre eigenen Abwässer über die Terrassen wieder ausgeleitet. Eine Straße zum Erreichen der Hotels wurde auch noch über die Terrassen angelegt. Völlig überraschender Weise trockneten einige der Terrassen in der Folge aus, es kam zu grauen Verfärbungen und das ganze Areal sah wohl nur noch hässlich aus. In den 1990er Jahren wurden diese Hotelanlagen dann abgerissen und auch die Straße zurückgebaut. Auch wurden einige der Terrassenbecken nun wieder künstlich angelegt. Heute darf man nur noch barfuß über genau einen Weg die Sinterterrassen erklimmen. Es dürfen auch nur ein paar wenige Becken am Rande dieses Weges betreten werden. Die Sinterterrassen sind mittlerweile wieder weiß, jedoch waren bei meinem Besuch nur ein paar mit Wasser gefüllt. Der Großteil war leider trocken.

Pamukkale ist heute schon verdammt touristisch. Selbst bei meinem Besuch im April waren neben mir unzählige andere Touristen da. Aber dieser Ort ist schon auch eine ziemliche Augenweide. Die Struktur des Travertin-Gesteins sieht unglaublich schön aus. Auf dem Aufstiegs-Weg von Pamukkale hinauf zum antiken Hierapolis läuft überall Wasser über die Terrassen. Beim Barfußlaufen über das Gestein werden die Füße so die ganze Zeit umspült und es ist ein interessantes Gefühl über die Furchen des Sintergesteins zu gehen. Auch der Anblick der türkis-blau gefüllten Terrassen, die bei Sonnenschein wunderbar funkeln, ist ein Genuss für die Augen. Schade nur, dass davon wohl viel nicht mehr so ganz original ist.

Einen Besuch in der antiken Stadt Hierapolis gab es natürlich auch noch. Sehr interessant fand ich den Friedhofsbereich mit den klobigen Grabanlagen sowie die Ruinen der Kirchen. Aber das waren auch die am weitesten vom Trubel abgelegenen Areale der Ruinenstadt. Vermutlich war ich durch den ruhigen Besuch in Sagalassos schon etwas verwöhnt.

Hydromagnesit

Hydromagnesit ist ein selteneres, weißes Mineral. Chemisch gesehen handelt es sich um ein wasserhaltiges Magnesiumcarbonat mit Hydroxidionen. Eine Besonderheit ist, dass es unter alkalischen Bedingungen von Mikroorganismen gebildet werden kann. Dafür sind zwei Orte bekannt, der Dry Lake in Kanada und der Salda See in der Türkei.

Der Salda See.

Der Salda See hatte es wieder einmal aufgrund einer Empfehlung auf die Reiseroute geschafft: „Es sieht wunderschön dort aus, der See wird oft auch als die Türkischen Malediven bezeichnet.“ Und das ist wahr, der See sah wunderschön aus. Die Strände des Sees sehen von der Ferne weiß aus, das Wasser herrlich türkis. Als ich dann aber am Ufer des Sees stand, war es doch eher etwas gräulich aus der Nähe betrachtet. Dort liegt nämlich kein Sand rum sondern jede Menge des Hydromagnesits. Teilweise war es auch etwas sumpfig – so schön es auch von weitem aussah, musst ich beim Spazieren etwas vorsichtig sein, um nicht zu versinken. Der linke Schuh hat jedenfalls eine Hydromagnesit-Behandlung bekommen.

Sehr auffällig ist auch das extrem klare Wasser. Es ist wohl der sauberste See der Türkei. Außerdem ist der Kratersee mit 184 Metern wohl auch einer der tiefsten der Türkei und er verfügt über keinen Abfluss. Schon ein ziemlich besonderer Ort. Recherchiert man dann noch ein bisschen weiter, findet sich überall eine Verbindung zum Mars. Oh ja, dem Planeten Mars. Laut NASA gibt es in dem Jezero Krater auf dem Mars und dem Salda See ähnliche Mineralien und eine ähnliche Geologie. Und gerade das durch Mikroorganismen erzeugte Hydromagnesit scheint da wohl ziemlich spannend zu sein. Vielleicht könnte es ja auch auf dem Mars solche Mikroorganismen gegeben haben.


Reisezeit: April 2022

Kommentare

Eine Antwort zu „Chemische Wochen in der Türkei“

  1. Benutzer Icon
    Andreas

    Mein ChemikerHerz macht auch Sprünge.

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