Eine kleine Pause in Batumi

Seit ich Anfang März nach dem Workaway in der Nähe Athens wieder los geradelt war, gab es immer nur ein paar wenige Pausetage. Daher wollte ich gleich zu Beginn meiner Zeit in Georgien in Batumi eine kleinere Pause einlegen. Am Ende waren es nur zehn Tage, doch waren diese recht gut gefüllt mit allerhand Dingen die es zu erledigen galt. Das Tier und der Rest der Ausrüstung verlangte nach ausgiebiger Pflege, Dinge wollten verschickt werden, die Steuererklärung vom letzten Jahr war noch zu erledigen, Ersatz für kaputte Ausrüstungsgegenstände zu organisieren, Unmengen von Bildern nachzubearbeiten sowie Blog-Artikel vorzubereiten. Dass es während der paar Tage sehr oft regnete störte ausnahmsweise mal nicht, hatte ich doch ein ganz nettes Apartment gefunden. Wie es sich für eine Pause gehört, sollte natürlich auch das Pause machen nicht zu kurz kommen. So gab es des öfteren Spaziergänge durch Batumi oder ich verlagerte meinen digitalen Arbeitsplatz in eines der zahlreichen Cafés der Großstadt am Schwarzen Meer.

Am Grenzübergang Sarpi.

Batumi ist die zweitgrößte Stadt Georgiens und liegt nur circa 15 Kilometer hinter der Grenze. Aus der Türkei kommend, muss man quasi durch Batumi fahren, sofern man mehr als nur den stylischen Grenzübergang sehen möchte.

Recht stylisch und modern geht es auch an und direkt hinter der Küstenpromenade Batumis zu. Es ist der Teil der Stadt, wo mit Sicherheit nicht die typischen GeorgierInnen wohnen, es ist der teure schickimicki Teil. Die Promenade entlang des Gesteinsstrandes am Schwarzen Meer ist mit allerhand modernen Skulpturen gespickt, überall gibt es Kaffee, hippe Getränke, Süßigkeiten und so weiter. Auf einer als Fahrspur markierten Bahn kommen ständig Elektroscooter angebraust oder auch Tret-Gefährte mit Touristen. Gesäumt ist die Promenade mit lauter kleinen verschiedenen Parks, an einer Stelle habe ich auch ein aus Sowjetzeiten stammendes Café mit lauter Meeresbewohnern aus dreidimensionalen Mosaiken bestaunt. Hinter der Promenade sammeln sich dann die Hochhäuser, welche für die heutige Skyline der Stadt verantwortlich sind. Viele der Gebäude sind schon ziemlich ausgefallen – sei es der Alphabet-Turm, der Batumi Tower oder das Gebäude des Bürgerbüros. Die meisten dieser Gebäude beherbergen jedoch Casinos oder exquisite Hotels – wird Batumi doch auch als das Las Vegas des Kaukasus bezeichnet. In dieser Ecke der Stadt war auf jeden Fall viel los, ich hörte viel Türkisch oder Russisch – den Gerüchten nach sind wohl auch viele der Eigentümer dieser Gebäude Türken. Mit der Grenznähe, der Möglichkeit des Glücksspiels, dem in Unmengen vorhandenem Alkohol und dem freizügigeren Lebensstil ist Batumi schon sehr beliebt für die wohlhabendere Schicht aus der Türkei. Aktuell ist Batumi (aber auch der Rest des Landes) auf Grund der politischen Situation wahrlich geflutet mit Menschen aus der Ukraine und Russland. Viele dieser Personen verfügen scheinbar oft über einen dickeren Geldbeutel als die GeorgierInnen, was die Preisentwicklung im Land besonders nach oben getrieben hat. Doch zurück zur Architektur: Ein großer Treiber für die moderne, futuristische Bauweise war wohl der ehemalige Präsident Michail Saakaschwili, der unter anderem den Berliner Architekten Jürgen Meyer H. mit der Konzeption diverser Gebäude im Sinne einer Erneuerung des Landes beauftragte. In ganz Georgien finden sich immer wieder solche modernen Gebäude, die in ihrer Umgebung teilweise schon wie eine Siedlung von Menschen aus der Zukunft wirken.

Direkt hinter dem modernen schicken Gebäudegürtel stehen dann jede Menge von alten Plattenbauten im typisch sowjetischen Stil. Die wenigsten davon scheinen vernünftig saniert, viele wirkten auf mich ziemlich heruntergekommen und eher provisorisch geflickt – der absolute Kontrast zu dem, was es ein paar Straßen weiter zu sehen gab. Es gibt aber auch zahlreiche Straßenzüge mit Gebäuden, die mich architektonisch an den Jugendstil oder den Neobarock erinnerten. Ein ganzes Stück weiter weg von der Küste gibt es Industrie- sowie Wohnviertel. Letztere mit den für Georgien typischen ein- oder zweistöckigen Gebäuden, viele mit einem umlaufendem Balkon. Dazu kleine Gärten um die Häuser, verzierte Gartenzäune sowie Tore und Gehwege die zum Parken der Autos genutzt werden.

Die Autos und Straßen waren auch so ein Ding, welches mir im Kontrast zur Türkei enorm auffiel. Klar gab es da auch hin und wieder mäßig gute Straßen doch schon auf den wenigen Kilometern die ich bisher in Georgien erkundet hatte, war die Qualität derer ungleich schlechter. Schlagloch an Schlagloch, ausgefranste Straßenränder, teilweise schlecht geflickt. Genauso gruselig sahen viele der Autos aus. Oft fehlten Kotflügel, Stoßfänger oder andere „nicht so wichtige Teile“. Dellen waren an der Tagesordnung, die Geräuschkulisse „interessant“ und das Vorhandensein oder Funktionieren eines Katalysators eher unwichtig. Viele der Fahrzeuge sind wohl auch mindestens aus zweiter Hand aus wohlhabenderen Ländern Europas – jede Menge der Transporter waren noch mit deutscher oder niederländischer Aufschrift versehen oder sie hatten das Lenkrad auf der rechten Seite. Auf jeden Fall ein ziemlich guter Hinweis auf den Lebensstandard der GeorgierInnen – wieder im vollen Kontrast zum „Promenaden-Viertel“. Dort hatte ich dann übrigens auch einige Elektrofahrzeuge gesehen – sonst aber nirgends in Georgien. Aber wie auch in einem Land, wo ein Stromausfall nichts Besonderes ist und niemand sich solch teure Wagen leisten kann.

Und dann war da noch das Essen! Endlich gab es wieder „gelben Käse“ – Käse, der vernünftig zum Schmelzen gebracht werden kann. Käse ist überhaupt eine wichtige Zutat in der Georgischen Küche. Zum Beispiel bei meinem absolutem Favorit, dem Adjarian Khachapuri: Eine schiffsförmige Teigwanne, gefüllt mit einer Mischung aus Imeretischem Käse und Sulungi Käse. Nach dem Backen wird noch ein Eigelb hinein gesetzt und eine Scheibe Butter aufgelegt, was dann vor dem Verzehr mit dem Käse vermischt wird.

Ein köstliches Adjarian Khachapuri.

In den ersten Tagen in Batumi habe ich aber nicht nur dieses großartige Khachapuri genossen, sondern auch diverse Varianten der gefüllten Teiggebäcke, die es überall als Fastfood gibt, probiert. Im Unterschied zur Türkei sind mir natürlich die höheren Preise für die Lebensmittel aufgefallen – hier war es mit meinem festgesetzten Tagesbudget nicht mehr so oft möglich ein Restaurant aufzusuchen, es galt wieder öfter selbst zu kochen (was eigentlich nur ein Zeichen für die extrem niedrigen Kosten in der Türkei ist – zumindest für den „reichen“ Europäer).

Der Botanische Garten Batumis ist der schönste von mir bisher besuchte Botanische Garten.

Batumi war schonmal ziemlich interessant aber trotzdem ein ganzes Stückchen anders als das Georgien was da noch kommen sollte. Ich war gespannt, wie es außerhalb dieser Großstadt aussehen sollte.


Reisezeit: Juni 2022

Kommentare

3 Antworten zu „Eine kleine Pause in Batumi“

  1. Benutzer Icon
    Andreas

    Ich bin auch gespannt wie es weiter geht.

  2. Benutzer Icon
    Sven

    Die letzten Bilder haben etwas von Dschungelfeeling.
    Grüße in den Iran 😉

    1. Benutzer Icon

      Oh ja, Georgien ist GRÜN. Und das war nur der „geordnete“ Dschungel des Botanischen Gartens.
      Grüße zurück aus dem verückten, spannenden Iran!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert