Entspannt über die Peloponnes

Die Festung von Methoni.

Die Peloponnes ist eine recht große Halbinsel im Süden Griechenlands, die über den Isthmus von Korinth mit dem Festland verbunden ist. Auf die Halbinsel bin ich jedoch am nördlichen Zipfel dieses Landstücks über die Rio-Andirrio-Brücke geradelt. Wetter-technisch sah es für die kommenden Tage ziemlich gut aus, genauso wie ich es mir für den Radreise-Winter vorgestellt hatte. Ich schaltete also einen Gang runter und genoss die Zeit auf der Peloponnes.

Routen-technisch ging es im Wesentlichen einmal entgegen des Uhrzeigersinns um die Halbinsel herum, meistens entlang der Küste. Nur den dritten Zipfel habe ich ausgelassen, da ein Besuch in Mystras etwas fernab der Küste an stand. Zudem gab es noch einen Abstecher ins antike Olympia.

Am Wald bei Manolada stand leider das Wasser.

Im Nordwesten der Halbinsel fand ich etwas vor, was ich schon seit langer Zeit nicht erlebt hatte: Flachland. Das Tier glitt ganz ohne Anstrengung durch die Landschaft, der Höhenzähler verzeichnete keinen Ausschlag, es ging auf einmal so viel schneller voran. Nach all den Bergen des Balkans war dies schon mal ziemlich ungewohnt, wenn auch linker Hand recht beeindruckend hohe Berge in Sichtweite waren. Die Gegend von Patras bis Pyrgos ist ziemlich dicht besiedelt, der Verkehr demzufolge auch recht dicht und das Ganze somit für Reiseradler nicht ganz so attraktiv. Die drei Wochen Dauerregen hatten auch dort ihre Spuren hinterlassen: Unzählige Felder standen noch unter Wasser; ein Durchlass auf meiner Route war komplett weggespült, so dass ich umtragen musste und ziemlich oft waren die Wege entweder noch viel zu matschig oder standen komplett unter Wasser. Ich musste wohl oder übel auf die größeren, viel befahrenen Straßen ausweichen. Auch mein erster anvisierter Campspot in einem wunderschönen Naturschutzgebiet bei Manolada fiel sprichwörtlich ins Wasser. Es dämmerte schon als ich die Gegend erreichte, da am Nachmittag schon oft umgeroutet werden musste. Die Zufahrtsstraße stand auf einer Strecke von ca. 100 Metern mindestens einen halben Meter unter Wasser, Einheimische erklärten mir dass hier nichts mehr ginge. Daher konnte ich das Zelt leider nur am Rande des Naturschutzgebiets mit dem wunderschönen Wald am aufstellen – kein Durchkommen zum Strand.

In dieser Gegend passierte ich aber auch schier unendlich groß wirkende gartenbaulich genutzter Flächen. Zuerst ging es entlang nicht endend wollender Folie-Gewächshäuser mit Erdbeeren. Weiter ging es mit riesigen Anbauflächen für diverse Salate und ein paar Weinstöcken. Die meisten Flächen waren mit Folietunneln überspannt, überall waren Bewässerungsschläche verlegt, die Feldwege waren von Wassergräben gesäumt. Aber auch hier hatten die Wassermassen etwas Verwüstung hinterlassen. Für mich war es ziemlich spannend diese Gegend zu erkunden, bin ich doch in einer Gärtnerei aufgewachsen.

Riesige Gartenbau-Flächen im Nordwesten der Peloponnes.

Denke ich an meine Zeit auf der Peloponnes zurück, so sind es als erstes die zahlreichen Campspots an den Stränden, welche mir da in den Sinn kommen. Es war wirklich grandios am späten Nachmittag an einem Strand anzukommen, den Sonnenuntergang beim Rauschen der Wellen zu genießen und dann dort das Zelt aufzustellen. Am Strand zu spazieren, in die endlose Weite zu starren, die frische Meeresluft genießen, windgeschützt im Zelt liegend mit Meeresblick. Das Wetter spielte hervorragend mit. Es gab lediglich Nachts mal ein Gewitter und es war vielleicht etwas frisch, doch tagsüber war es meist sonnig und trocken. Nichts zwang mich irgendwo hin zu müssen. Was für ein unbeschreibliches Gefühl von Freiheit. Ich fühlte mich so bestätigt in der Entscheidung diese Reise angetreten zu haben, so dankbar die Chance dazu zu haben, so glücklich diese Zeit einfach nur genießen zu können.

Je weiter südlich es ging, desto ruhiger wurde es auch. Die Städte und Dörfer wurden kleiner, der Verkehr ließ nach, das Flachland verwandelte sich langsam wieder in balkantypisches bergiges Gelände und es wuchsen immer mehr Opuntien am Straßenrand. Mit ihrer felsigen Struktur sah die Küste gleich nochmal viel interessanter aus – die Strände waren nun in malerischen Buchten gelegen.

Grandiose Campspots direkt am Strand, oft mit traumhaften Sonnenuntergängen und jede Menge weiterer Küstenromantik.

Immer öfter wünschten mir die Menschen nun frohe Weihnachten – ein Zeichen, für das bevorstehende Fest. Ich quartierte mich hierzu in der Stadt Kalamata ein, kochte festlich, hielt Videokonferenzen mit Familie und Freunden, traf andere Reisende wieder.

Zu dieser Zeit war aber auch die Olivenernte im vollen Gange. Überall waren Menschen in den Olivenhainen, breiteten engmaschige Netze unter den Bäumen aus, rüttelten mit einer vibratormäßigen Maschine (sieht aus wie eine Motorsense, allerdings mit ca. 20 cm langen Stäbchen versehenen Enden die hin und her vibrieren) an den Zweigen und sammelten die Oliven anschließend in Säcken ein. Die Säcke wurden meist in Pickups zur nächsten Presse gefahren, meist ganz in der Nähe.

Aber auch in bereits abgeernteten Olivenhainen waren die Griechen zu dieser Zeit hoch beschäftigt. Die Bäume wurden nun verschnitten, die Zweige zu Hügeln aufgeschichtet und anschließend verbrannt. Überall stiegen kleine Rauchsäulen in den Olivenhainen auf. Es war auf jeden Fall kein guter Zeitpunkt, um im Olivenhain zu campen. Aber es gab ja genügend Strände.

Der Olivenbaum ist gefühlt die häufigste Baumsorte in Griechenland. Überall gibt es Olivenhaine, definitiv häufiger als in Kroatien und Albanien. Auf der Peloponnes dominieren die Oliven definitiv die Landwirtschaft. Hin und wieder sah ich auch ein paar Weinstöcke und die bereits erwähnten Gartenbauflächen zwischen Patras und Pyrgos.

Oliven, Oliven, Oliven. Gerade war Ernte- und Verschneide-Saison.

Nach Weihnachten ging es für mich weiter auf den zweiten südlichen Zipfel der Peloponnes. Wetter-technisch war es nun etwas feuchter, bis auf einen Tag mit ziemlich heftigem Dauerregen aber trotzdem gut machbar. Die tief hängenden Wolken verliehen den Ausläufern des Taygetos-Gebirges einen leicht mystischen Geschmack.

Verkehrs-technisch war hier unten kaum noch etwas los, oft hatte ich die Straße nur für mich. Die Dörfer entlang der Route sahen malerisch aus: Kleine byzantinische Kirchen, alte Steinhäuser zwischen den neueren Gebäuden, enge verwinkelte Gassen.

Entlang der Küste südlich von Kalamata.

Eigentlich sollte es von Kalmata aus direkt nach Mystras gehen. Doch dazu hätte ich das Taygetos-Gebirge durchqueren müssen, was bei den angesagten Wetterbedingungen alles andere als ein Spaziergang geworden wäre. Deshalb fuhr ich um den Taygetos herum und rollte dann von Gythio aus nach Sparta. Die antiken Stätten interessierten mich hier jedoch nicht, sondern die alte verlassene byzantinische Bergstadt Mystras. Die Eindrücke davon gibt es im nächsten Artikel, dies würde hier sonst ausufern.

Für die Nacht vor dem Mystras-Besuch hatte ich jedenfalls per Satelliten-Ansicht ein Stücken Wald gleich in der Nähe von Mystras gefunden, welches sich vermutlich zum Campen gut eignen würde. Und verdammt war das ein Volltreffer. Das grüne Stückchen Wald entpuppte sich als eine unglaublich spektakuläre Schlucht mit riesigen Felswänden zu meiner linken und rechten. Dazwischen toste ein gewaltiger Bergbach, weit oben in den Felswänden waren gigantische Höhlen zu sehen – im Elbi würden diese als perfekte Boofen durchgehen.

Ein genauer Blick auf Mapy.cz (große Empfehlung zur Routenplanung!) ergab, dass hier der Europawanderweg 4 verläuft. Spektakulär genug war diese Landschaft im Anfang des Taygetos-Gebirges auf jeden Fall für solch eine Auszeichnung. Ich musste gleich am Abend und am nächsten Morgen ein Stück des Weges wandern, um die beeindruckenden Ausblicke auf die Schlucht genießen. An einer Stelle zweigte der Weg zu einer kleinen in einer Höhle gelegenen Kirche ab – kein schlechter Platz für solch eine Anbetungsstätte.

Spektakuläre Schlucht im Taygetos-Gebirge am Europawanderweg 4.

Nachdem ich den Taygetos umfahren hatte, ging es nun aber mal über ein anderes Gebirge drüber – das Parnoras-Gebirge. Es war der letzte Tag des Jahres, der Wind bließ mir entgegen, es war fürchterlich kalt und es ging auf 1200 Meter hinauf. Oben angekommen fühlte ich mich allerdings um eine schöne Pass-Aussicht betrogen, dort gab es nur eher langweiligen Wald zu sehen.

Dafür war die Landschaft vor und nach dem Pass um so reizvoller. Es gab viele weitläufige eher karg bewachsene, hügelig wirkende Weiten mit zahlreichen Felsbrocken dazwischen zu bestaunen. Irgendwann tauchte nach einem weiteren Pass dann der Argolische Golf auf. Nach einer wohlverdienten langen Abfahrt gelangte ich dann in der Dämmerung an der Küste an und verschlief den Jahreswechsel nach einem anstrengenden Tag auf dem Tier an einem weiteren wunderbaren Campspot.

Für den Abschluss der Peloponnes-Runde stand nun nochmal eine antike Stätte auf dem Plan: Das Asklepiosheiligtum und Theater von Epidauros. Aber auch hierfür wird es noch einen eigenen Artikel geben.

Im Parnonas-Gebirge auf der Peloponnes.

Neben unzähligen wunderschönen Landschaften und Ausblicken, waren auf der Peloponnes aber auch eher traurig wirkende Gebiete zu finden: Von den Waldbränden des vergangenen Sommers heimgesuchte Flächen. Für mich war es das erste mal, dass ich solch große Gebiete verbrannter Erde passierte. Die Bäume und Sträucher waren nur noch verkohlte Gerippe, die Straßenschilder kaum noch zu erkennen, nachdem sie vermutlich ewig in der Hitze des Feuers geschmort haben müssen. Der einzige Hoffnungsschimmer waren hier die grünen Wiesen, die Natur kämpfte bereits gegen die Zerstörung und brachte mit aller Kraft neues Leben hervor.

Verbrannte Olivenhaine oder vom Feuer zerstörte Siedlungen oder Gebäude konnte ich entlang meiner Route auf der Halbinsel jedoch nicht entdecken. Oftmals waren die Olivenhaine grüne Inseln in einer runderherum trostlosen Landschaft.

Vom Feuer heimgesuchte Landschaften.

Knapp drei Wochen ging es für mich über die Peloponnes, drei wunderschöne Wochen. Es gab viel zu sehen und vor allem zu genießen. Bei Gesprächen mit anderen Radreisenden über ihre Route auf der Halbinsel war die gleiche Begeisterung zu erfahren. Und es scheint noch so viel mehr schöne Ecken dort zu geben, dass sich ein Wiederkommen wohl definitiv lohnen würde.


Reisezeit: Dezember 2021 – Januar 2022

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