Fünf Tage Fjell
„Fünf Tage Fjell“ oder auch „Fünf Tage Nass“. Denn wenn es den Schweden an etwas fehlt, Wasser ist es bestimmt nicht. Und wenn es im Fjell nicht von oben kommt, dann eben von unten.
Regen im Tal des Lundörren
Aber nun einmal ganz von vorne. Es sollte fünf oder sechs Tage in der mittelschwedischen Provinz Jämtland durchs Fjell gehen. Genau genommen sollte es von Vålådalen beginnend über die Lundörren-Hütte, die Vålåstugorna-Hütte, die Gåsen-Hütte und die Stensdalen-Hütte wieder zurück nach Vålådalen gehen. Ohne Hüttenübernachtung, dafür mit Zelt, inklusive einem Abstecher zum Lundörsan-Pass.
Und schon der Start war nass. Wir wanderten im Regen los, denn der Camphost vom Vorabend meinte, dass es die nächsten Tage wohl nicht so schlecht werden wird. Es bestand also Hoffnung auf Besserung. Der Weg führte von Vålådalen zur Lundörren-Hütte durch feucht moorigen Kiefernwald. Dabei leicht steigend auf einem recht geröllhaltigem Weg. Oben angekommen war der Regen erstmal vorbei, auch wenn es nicht nach Sonnenschein aussah. Es ging also weiter, bis wir gegen Abend am Ende des Lundörren-Tals unser Zelt aufschlugen. Und danach brach der Regen los. Heftiger Regen, in etwa so stark wie ich mir eine Sintflut vorstelle. Fast die ganze Nacht anhaltend. Sowas hatte ich noch nie in einem Zelt erlebt, doch ein Lob an das Nordisk Vitus Si – wir blieben größtenteils trocken.
Dafür kamen wir am nächsten Tag wieder in den Regen, so dass wir beschlossen die Nacht in der Schutzhütte am Lundörsan-Pass zu verbringen. Von da an wurde es die nächsten Tage zumindest von oben meist besser. Das Fjell hingegen war nun komplett mit Wasser vollgesaugt. Das Wandern gestaltete sich somit die nächsten Tage wie ein Jump-and-Run Spiel: Wir sprangen von Stein zu Stein, suchten Grasballen mit einem etwas sichereren Halt und kämpfen uns den Weg über die ausgelegten Holzplanken, wovon einige jedoch hinterhältige Blindgänger waren. Manchmal endeten die Bohlen in mitten eines Moores – „Bitte jetzt mit dem Schwimmen beginnen.“ Es galt also Kreativität bei der Wegfindung zu zeigen, um trockenen Fußes weiter zu kommen. Es machte Spaß!
Dazu gab es eine faszinierende Landschaft zu bestaunen: Riesige Weiten mit sehr kurz gehaltener, karger Vegetation. Wenn Bäume vorhanden waren, so waren diese meist relativ klein und krüpelig. Oft waren es Birken, die an machen stellen wie Pilze in unzähligen Mengen aus dem Boden sproßen. Apropos Pilze: Die gab es natürlich auch und das in einer für uns doch recht beträchtlichen Menge wie Größe. Die Schweden sprechen vermutlich vom „Pilze ernten“ anstatt vom „Pilze suchen.“
Die Berge des Fjells sind meist eher rundgeschliffen statt schroff und kantig – wohl eine Auswirkung der zahlreichen Eiszeiten. Die Höhendifferenzen sind, sofern man einmal im Fjell drin ist, auch nicht mehr so groß, oft um die 1000m. Somit gibt es spektakuläre Weitblicke über das Gebirge, was kombiniert mit der kargen Vegetation das Gefühl der Unendlichkeit vermittelt. Eine faszinierende Landschaft.
Von den uns überall angekündigten Mückenschwärmen blieben wir glücklicherweise verschont. Es waren nur ein paar der Blutsauger anwesend, welche sich mit Mückenspray und unserem räucherstäbchenartigen „Muff“ recht gut in Schach halten ließen. Als größeres Getier gab es einige Vögel und immer wieder Rentiere zu bestaunen. Nur Meister Elch hielt sich leider versteckt.
Für alle Wanderer die mal eine Tour über schwammigem Untergrund, mit gelegentlich komplettdurchweichenden Hagelschauern und hin und wieder etwas Sonnenschein durch eine faszinierend karge Landschaft wagen wollen, ist die Gegend um Vålådalen im Jämtland auf jeden Fall zu empfehlen.