Wütend
Ein wesentliches Anliegen meiner Neuseelandreise ist/war das Abschalten vom bisherigen Alltag daheim. Pause machen, ein anderes Land, dessen Kultur und Einwohner kennen lernen. Und dabei einfach mal dem was in Deutschland passiert etwas weniger Beachtung schenken. Hin und wieder checkt man dann aber doch die einschlägigen Nachrichtenseiten und bekommt das ein oder andere mit. So ging der Abhörskandal mit Prism, Tempora & Co natürlich nicht an mir vorbei. Selbst die hiesigen Medien haben kurz darüber brichtet. Ich bin ja überhaupt völlig faszinierrt, dass das ganze immernoch in den deutschen Medien zu finden ist, wenn ich mich diesbezüglich auch nur auf die im Netz verfügbaren Medien stützen kann.
Auf jeden Fall ist das ganze ein Thema bei dem ich nicht einfach abschalten kann. Ich bringe gerade Stunden damit zu alles Mögliche zum Thema zu lesen, mir eine Meinung zu bilden. Und das macht mich wütend. Wütend über die Geheimdienste, unsere Regierung, die „Na das haben doch eh alle Gewusst“ Fraktion und die ganzen „Ich hab doch nichts zu verbergen“ Penner.
Ja, seit Jahren weisen unzählige engagierter Menschen darauf hin, dass die Überwachung in jeglicher Hinsicht durch staatliche wie auch private Institutionen immer mehr ausgebaut wird. Und sie weisen auf die Gefahren und Probleme die dadurch entstehen hin. Mehr noch, es gibt unzählige couragierter Menschen die aktiv gegen die zunehmende Überwachung ankämpfen, Initiativen gründen, aufklären, Demos organisieren, mit Politikern sprechen und vieles mehr. Einige dieser Maßnahmen haben auch schon erste Erfolge gezeigt.
Doch wurden diese ganzen Aktivisten von vielen bisher immer als Spinner, Verschwörungstheoretiker und Paranoiker abgestempelt. Auch wenn wir schon vor Snowden genug handfeste Beweise für die Existenz einer stetig wachsenden Überwachungsmaschinerie hatten, sollte nun auch Hänschenklein klar sein, dass eine Vollüberwachung statt findet.
Es ist traurig, dass dieser Zustand jetzt erst zur Kenntnis genommen wird. Und ja ich meine zur Kenntnis genommen, denn es scheint nichts weiter zu passieren. Unsere unfähige Regierung will nichts dagegen unternehmen, sie rechtfertigt sogar noch das Handeln der amerikanisch-britischen Geheimdienste und spielt es herunter. Und das macht mich wütend. Ich finde es eine Ungeheuerlichkeit, dass unsere Grundrechte mit Füßen getreten werden, um uns angeblich vor Terroristen und kriminellen Banden zu schützen.
Und den Ottonormalverbraucher scheint es nicht zu stören. Entweder glaubt er die Ammenmärchen von der Sicherheit die durch die Überwachung entstünde und findet demnach die vollständige und allgegenwärtige Überwachung gut oder er hat nichts zu verbergen oder er ist der Meinung, dass sich daran eh nichts ändern lässt. Und alles samt ist Bullshit.
Eine vollständige Überwachung schafft keine Sicherheit. Vor wem sollen wir den überhaupt durch diese Überwachung geschützt werden? Vor Terroristen? Vor Straftätern? Vor Raubkopierern? Vor anderen Gesinnungen? Unerwünschtes Verhalten wie zum Beispiel Terrorismus lässt sich nicht durch Verbote und deren überzogener Durchsetzung mittels Überwachung verhindern. Diese Maßnahmen verdrängen das ganze lediglich in eine andere Ecke, beheben aber nicht deren Ursachen. Außerdem entstehen dort wo einmal Daten vorhanden sind Begehrlichkeiten diese Daten für weitere Zwecke zu verwenden als wofür sie einmal gesammelt wurden. Und es gibt zahlreiche Beispiele die belegen, dass dies keine Paranoia ist. Und wenn man von diesem „legalen“ Missbrauch der gesammelten Daten einmal absieht, gibt es da immernoch den illegalen Missbrauch.
Und wer überwacht eigentlich die Überwacher? Dass die Kontrolle von Geheimdiensten nicht funktioniert zeigt ja schon der NSU Skandal.
Und selbstverständlich hat jeder etwas zu verbergen! Denn wer überwacht wird handelt nachweislich anders, als wer frei handeln kann. Außerdem ist auch heute noch nicht klar, was möglicherweise in fünf Jahren eine verbergenswerte Handlung ist – trotzdem wird heute schon alles für die Ewigkeit protokolliert. Und das dies so viele nicht begreifen wollen, beziehungsweise als lächerlich herunterspielen, macht mich ebenfalls wütend!
Mindestens genauso wütend wie die „Ja dagegen kann man doch aber eh nichts unternehmen“ Kneifer. Natürlich kann man dagegen etwas tun! Sogar jede Menge. Der erste Schritt ist euch selbst zu informieren und ein sachliches Bild von der Lage zu verschaffen. Dann ist es verdammt wichtig andere Leute über diese ungeheuerliche Überwachung, deren Gefahren und natürlich über die ausbleibenden Reaktionen unsere Regierung aufzuklären. Ebenso könnt ihr mit den Politikern eures Wahlkreises darüber sprechen – gerade die Landtags-, Bundestags- und Europaparlamentsabgeordneten müssen wissen, dass ihren Wählern dieses Thema wichtig ist. Es gibt aber auch zahlreiche Organisationen wie zum Beispiel den Arbeitskreis Voratsdatenspeicherung, die Digitale Gesellschaft, digitalcourage e.V. und viele mehr, welche Unterstützung brauchen. Auf deren Seiten findet ihr außerdem jede Menge weiterer Informationen zum Thema und Tipps zum selbst aktiv werden. Und da sind dann noch die Demos, zum Beispiel die Freiheit statt Angst Demo am 7. September in Berlin. Dass das ganze etwas bringt zeigen zahlreiche Urteile des Bundesverfassungsgerichtshofes, der zum Beispiel auch die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland gekippt hat, oder dass sich zur Zeit der europäische Gerichtshof skeptisch mit der Vorratsdatenspeicherung auseinandersetzt.
Also, informiert euch – der folgende Clip von manniac zur Problematik eines Überwachungsstaats ist ein guter Einstieg – und dann ab auf die Straße!