Verlassen und zerfallen in Georgien – Teil 2

Die Stadt Tskaltubo ist eine der georgischen Städte, die noch sehr viel des sowjetischen Charmes versprüht. Mit seinen leicht radioaktiven Quellen war die Stadt zu Sowjetzeiten ein ziemlich bedeutendes Heilbad. Es gab wohl um die 25 Sanatorien und Badehäuser, die im oder um den Stadtpark herum lagen. Ausgelegt war das Ganze auf die Massenabfertigung von Kurgästen, ganz nach Plan. Die Sanatorien wurden im Stil des Neo-Klassizismus errichtet, wobei eines scheinbar prunkvoller als das andere war. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war auch Schluss mit dem Kurtourismus in Tskaltubo. Heute etabliert sich langsam wieder etwas Bäder-Tourismus, eines der Sanatorien wurde restauriert und ist wieder in Betrieb. Ein paar wenige neue Hotels und Cafés haben sich auch in der Stadt angesiedelt, der Stadtpark wirkt sehr gepflegt. Doch abgesehen davon ist in der Stadt jede Menge Verfall zu beobachten.

Die Sanatorien um den Stadtpark herum stehen noch wie eh und je da, zerfallen langsam vor sich hin. Doch hier kommt die krasse und traurige Besonderheit: In Folge des Abchasien-Kriegs Anfang der 90er Jahre kamen 10000 Flüchtlinge provisorisch in den leer stehenden Sanatorien Tskaltubos unter. Da die Flüchtlinge mit der Vertreibung aus Abchasien alles verloren hatten, verfügten sie auch nicht über genügend finanzielle Mittel um aus dem Provisorium ausziehen zu können. Vernünftige Alternativ-Unterkünfte nach dem Provisorium – Fehlanzeige. Die Gebäude verfielen immer mehr, die Parks der Sanatorien wurden zu Gärten und Viehweiden umfunktioniert. Und auch heute leben in einigen der absolut maroden Gebäude noch Menschen. Die Umstände sind wirklich heftig. Ganze Etagen und Flügel der Gebäude sind so heftig zerfallen, dass man Angst haben muss einzubrechen wenn man da lang läuft. Gleich nebenan sind aber noch ein paar der ehemaligen Hotelzimmer bewohnt. Von den Balkonen hängen Schläuche zur Wasserversorgung herunter, in einem Gebäude habe ich einen Glasfaserkasten gefunden mit provisorisch über die Flurverkleidung gelegten Fasern in die Wohnräume. In einem andern Gebäude stand ich in einem feuchten Gang, in dem von oben Wasser herunter tropfte, auf einmal neben einem aktiven Stromzähler-Kasten. Es wirkte absolut irrsinnig auf mich.

Das Badhaus Nummer 8

Das Badhaus Nummer 8 befindet sich im Park Tskaltubos. Die kreisrunde Form des Gebäudes ist sehr faszinierend, genauso wie die vielen kleinen „Badewannen“ in dem ehemals öffentlichen Bad.

Sanatorium Metallurgist

Es war das Sanatorium für die Arbeiter aus der Metallurgie. Es ist eines der teilweise noch bewohnten Sanatorien und man könnte schon fast sagen, das es noch relativ gut erhalten ist.

Sanatorium Medea

Das Sanatorium Medea ist riesig. Auch hier leben teilweise noch Menschen, der Zustand des Gebäudes ist dafür jedoch absolut erschreckend.

Sanatorium Iveria

Dieses ehemalige Kurhotel steht komplett leer, weist heftige Spuren des Zerfalls auf und ist ein Ort an dem sich der ein oder andere Künstler verewigt hatte. Ich fühlte mich schon fast wie in einer Art Streetart-Galerie.


Reisezeit: Juli 2022

Kommentare

Eine Antwort zu „Verlassen und zerfallen in Georgien – Teil 2“

  1. Benutzer Icon
    Chrissi

    Noch mehr Bilder davon. Lieben Dank dafür – Ich hatte es gehofft und du hast es mir erfüllt.

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