Mittlerweile bin ich schon über 16 Monate unterwegs. Bis auf die sechs Wochen Pause letzten Winter in Griechenland, ging es im Großen und Ganzen eigentlich auch immer weiter und weiter. Oftmals wurde mir dabei die Frage gestellt ob ich nicht bereits reisemüde sei. Oder ob ich diese vielen Eindrücke überhaupt verarbeiten könnte. Dieses „viel zu viel an Reiseerlebnissen“ was in diesen Fragen irgendwie mitschwingt ist tatsächlich bei so einer langen Reise ein nicht zu vernachlässigender Fakt.
Kurzzeitig hatte ich auf dieser Reise schon ein „zu viel an Attraktionen“ wenn man es so nennen möchte. Das erste mal sogar schon ganz am Anfang, da besichtigte ich Danzig, Posen, Breslau und immer wieder waren es größere Städte mit am Ende doch recht vielen Gemeinsamkeiten (sorry Polen!). Brün in Tschechien brachte dann dank ein paar Tipps von Einheimischen etwas Abwechslung aber als ich kurz darauf nach Budapest kam, war schon irgendwie die Luft für Stadtbesichtigungen raus. In Griechenland besichtigte ich später so viele Orthodoxe Kirchen, dass ich diese in Georgien und Armenien fast komplett mied. Obwohl gerade in diesen Kaukasusländern die Kirchen und Klöster als die Attraktionen schlechthin gelten.
Ich habe mittlerweile mein „Besichtigungsverhalten“ etwas umgestellt, nehme wesentlich weniger „Attraktionen“ mit als die einzelnen Regionen so zu bieten haben und lasse statt dessen viel mehr auf mich zukommen. Ich verpasse bewusst Dinge, steuere aber natürlich auch ein paar Punkte bewusst an. Natürlich sind da hin und wieder auch die klassischen Touristen-Attraktionen dabei, oft sind es aber auch Tipps die mir Einheimische gegeben haben. Dazu passt das langsame Reisen mit dem Rad wunderbar. Manchmal fahre ich tagelang einfach nur durch scheinbar langweilig scheinende Gebiete, besichtige nichts bewusst, genieße aber gerade diese Ruhe. Oftmals sieht die Gegend um mich herum auch richtig hässlich aus. Entweder dreckig vermüllt oder furchtbar mit Industrie zugepflastert oder manchmal sind es auch nur öde wirkende Agrarregionen. Aber genau das ist gerade ein guter Ausgleich zu den ganzen „besonderen“ Eindrücken. Genau genommen sind das vor allem die Regionen die ein Land so viel authentischer charakterisieren als die ganzen Touristenattraktionen.
Aber auch die Kamera hat mittlerweile phasenweise weniger zu tun. So gern ich auch fotografiere, das ganze ständig zu machen habe ich mir mittlerweile abgewöhnt. Es sind zwar bereits tausende Bilder auf der Reise entstanden aber um ein vielfaches mehr habe ich nicht geknipst. Von so vielen Situationen gibt es keinen digitalen Abzug, lediglich die Erinnerung in meinem Kopf. Und ratet mal was davon mir wesentlich wertvoller ist.
Nein, reisemüde bin ich nicht! Ja, die Eindrücke lassen sich bisher sehr gut verarbeiten. Ich genieße es sehr bewusst langsam zu reisen ohne jedem Grashalm nachzujagen und ohne jeden zweiten davon zu dokumentieren.
Passend dazu gibt es jetzt keine 14 Bilder aus Isfahan. Auch wenn es gerade in dieser wunderschönen Stadt hunderte völlig verschiedener großartiger Motive gegeben hätte. Statt dessen kann ich euch nur eine absolute Reiseempfehlung für diese ehemalige Hauptstadt Persiens aussprechen. Ganz in der Hoffnung, dass die aktuelle Revolution im Iran dieses widerliche mittelalterliche Mullahregime zum Fall bringt und sich ein freier Iran etabliert. Unterstützen könnt ihr die Iraner*innen zum Beispiel hier: Organisation für Menschenrechte Hengaw, Kurdistan Human Rights Network oder das Woman* Life Freedom Kollectiv.
Keine 14 Bilder aus Isfahan
In Isfahan anzukommen war ein kleiner Meilenstein für mich. Hier freute ich mich schon richtig auf eine ausführliche Stadtbesichtigung und die ganzen Touri-Attraktionen, gerade weil die Persische Kultur und Geschichte für mich noch so unbekannt war.
So sieht es übrigens hinter dem „Iwan“ aus dem ersten Bild im Inneren der Imam-Moschee am Naqsch-e Dschahan Platz aus. Zumindest wenn gerade keine Gebetszeit ist, sonst dürfte es da garantiert wesentlich voller sein. Auch wenn sich dort vermutlich jeder Isfahan-Tourist hinein verirrt, die Moschee ist definitiv einen Besuch wert – man braucht schon etwas Zeit um die ganzen Details der persischen Sakralarchitektur zu bestaunen und nochmal mindestens genauso viel Zeit für die Gespräche die sich garantiert vor Ort bei spontanen Begegnungen ergeben.
Der Naqsch-e Dschahan Platz gilt als einer der größten Plätze der Welt. Er ist auch das Zentrum des Gewusels in Isfahan – nicht nur für Touris.
Die Freitagsmoschee in Isfahan ist die Größte im Iran.
Isfahan fühlte sich für iranische Verhältnisse schon wie eine richtige Fahrradstadt an. Nirgendwo anders in dem Land habe ich so viele Radler gesehen wie dort, zumindest um ein paar wenige Meter von A nach B zu kommen. Hin und wieder gab es sogar Radwege – natürlich nicht durchgängig nutzbar aber immerhin! Und für DAS iranische Standard-Modell gab es sogar eine Statue.
In die Pedale der Plastikschwäne tritt dagegen niemand mehr. Der Zayandeh Rud ist schon seit den 2000er Jahren ausgetrocknet, das Wasser wird irgendwo weiter Flussaufwärts abgeleitet oder angestaut. Nur ein bis zweimal im Jahr soll wohl für ein paar Tage Wasser fließen wenn die ach so sinnvollen Wehre geöffnet werden …
Die Stadt ist auch für die vielen alten Brücken über den Zayandeh Rud bekannt. Selbst diese hier abgebildete „kleine“ Marnan Brücke ist wunderschön.
Der größere Bruder, die Si-o-se Pol Brücke macht allerdings noch mal ein ganzes Stück mehr her, gerade bei Nacht.
Bei Nacht ist die Si-o-se Pol Brücke auch ein beliebter Treffpunkt für die Städter, ich konnte sogar etwas illegaler Straßenmusik Brückenmusik lauschen. Wo kämen denn die Iraner hin wenn die Theokratie auch alles was Spaß macht und verbindet erlauben würde?
Bei Nacht ist auch die Anlage um die Heilige-Erlöser-Kathedrale im armenischen Stadtviertel Neu-Jolfa wunderschön beleuchtet. Ein spannendes alternativ geprägtes Viertel – 1604 siedelte man hier 20.000 Armenier aus der Stadt Jolfa an, da die Perser Jolfa im Norden des Landes nicht gegen die Osmanen verteidigen konnten.
Auf einem kleinen Hügel außerhalb des Stadtzentrums befindet sich ein alter Wehrturm bei einer Burganlage. Die Anlage beherbergte einst Feuertürmen der Zoroastrier. Der Zoroastrismus gilt als eine der ältesten monotheistischen Religionen der Menschheit und wurde auf dem Gebiet des heutigen Irans praktiziert. Auch heute gibt es noch einige Zoroastrier im Land.
Von oben gesehen macht Isfahan nicht so viel her, man sieht jedoch, dass es sich schon um eine ausgedehnte Großstadt handelt. Isfahan ist flach, nur am Stadtrand befinden sich ein paar Berge, es gibt zahlreiche Grünanlagen aber leider fehlt das Wasser.
Waren es genug Bilder?
Reisezeit: September/Oktober 2022
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