Ein Sommer in Deutschland

Dresden.

Nach knapp zwei Jahren Radreise durch Europa und den mittleren Osten stand ein kleiner Heimatbesuch an. Dass es dazu kommen würde, hatte ich bei Beginn der Reise nicht erwartet. Doch wie schon öfter erwähnt, auf dem Landweg ging es Anfang 2023 leider nicht weiter in Richtung Osten da Grenzen geschlossen waren oder die politische Situation in anderen Ländern mich aktuell von ihnen eher fern hielt. Und wenn ich nun schon wieder durch Europa radelte, warum nicht einen Abstecher in die Heimat machen.

Schon als ich in Tschechien die Elbe erreichte stieg die Vorfreude. Die Fahrt durch das Elbtal in der Böhmischen und Sächsischen Schweiz und dann weiter nach Dresden war schon etwas sehr Besonderes, ja ich war wieder in der Heimat. Es fühlte sich so toll an die wunderschönen Sandsteinfelsen wieder zu sehen – wie oft war ich hier schließlich schon Wandern. Und dann als die Kulisse Dresdens auftauchte, trotz einer kräftig schwarzen Gewitterfront die bald los zulegen drohte, hatte ich unweigerlich ein äußerst breites Grinsen im Gesicht.

Unterwegs im Elbsandsteingebirge.

Die zwei Wochen in der Dresdner Gegend vergingen schnell. Familie und Freunde wurden besucht und teilweise war in den letzten zwei Jahren ganz schön viel passiert. Es gab einen Abstecher ins Elbi um mal wieder ein Runde den Sandstein anzufassen, eine „Tour de Grill“ sowie eine ausgiebige Einkaufsrunde. Nach so langer Zeit war es absolut notwendig einen Teil der Kleidung zu erneuern, neue Schuhe mussten her und ein paar Wartungsjobs am Tier gab es auch noch. An der Gabel hatte sich etwas Rost angesammelt, die Verkabelung von Licht und Ladeelektronik wurde etwas umgebaut, Klickpedalen montiert und ein dezidiertes Fahrradnavi organisiert.

Unterwegs nach und in Delitzsch.

Die nächste Station war die Leipziger Gegend. Auch hier wurden wieder Freunde besucht und das Tier weiter modifiziert. Genau genommen kehrte das Rad einmal kurz zu seiner Entstehungsstätte bei Rotor zurück und bekam da einen Riemen an statt der Kette verpasst.

Das Tier hat jetzt einen Riemen.

Die Jungs von Rotor organisierten mir auch einen Wartungstermin bei Rohloff in Kassel, wo die Nabe einen kompletten Service bekommen hat. Die Nabenschaltung hatte bisher hervorragende Dienste geleistet und ich möchte sie definitiv nicht missen. Für den Anwendungsfall Radreise ist sie durch den äußerst geringen Wartungsaufwand wirklich perfekt. Allerdings gab es schon seit längerem einen verstärkten Ölverlust, der zwar nicht die Funktion beeinträchtigte aber durch eine ständig klebrige Schaltbox etwas nervte.

Das Tier bekommt etwas Zuwendung.

Mit einer frisch gewarteten Nabe ging es zur letzten längeren Station, diesmal bei meinem Bruder in Göttingen. Auch hier gab es noch so einige Bastelprojekte. Ich tauschte den Schaltgriff der Rohloff auf einen Piniongriff (mehr dazu hier), reparierte das Zelt, stattete das Tier mit einer Rahmentasche, einer Oberrohrtasche, zwei Köchertaschen im Lenker und einer kleinen selbst genähten Tasche zwischen Rahmen und hinterem Schutzblech aus. Die an den hinteren Ortlieb-Taschen zusätzlich angebrachten Taschen wurden dafür ausgemustert. Auch der Fahrradständer verlangte noch etwas Liebe, da sich dort eine Schraube und der Gummifuß verabschiedet hatten. Es gab also jede Menge zu tun.

Doch so langsam lief die Zeit ab, aus Versicherungsgründen konnte ich nur eine bestimmte Zeit im Land bleiben. Deshalb hieß es sich irgendwann zu verabschieden und mit einem bestens aufgefrischten Rad wieder los zu ziehen. Das nächste grobe Ziel war Spanien, doch vorher wollte ich die Alpen in der Schweiz überqueren. So ging es dann bei meist ganz gutem Sommerwetter gen Süden zum Bodensee. In den ersten Tagen kreuzte ich immer wieder die ehemalige innerdeutsche Grenze, besuchte auch das Grenzmuseum Schifflers Grund. Es ist wahrlich ein Glücksfall der Geschichte, dass diese Grenze vor 34 Jahren friedlich zu Fall kam, sonst wäre mir diese Reise verwehrt geblieben.

Von Göttingen auf zum Bodensee.

Landschaftlich war der Trip in Richtung Bodensee ziemlich schön. Dank Komoot ging es meistens fernab der großen Straßen auf kleinen Wegen voran. Alles war saftig grün, hin und wieder ging es durch schmale Täler hindurch, ab und zu durch verwunschene Wälder und recht häufig endeten die Radeltage an einer Schutzhütte fernab des großen Trubels. Ich war regelrecht beeindruckt davon, wie gut man in diesem Teil Deutschland einfach von Schutzhütte zu Schutzhütte radeln konnte, wenn man nur wusste wo sich diese versteckten. Viele der Städte und Dörfer durch die ich hindurch kam waren äußerst ansehnlich und hätten bestimmt jede Menge interessanter Spots zum Entdecken geboten. Aber es sollte ja nun zügig in die Schweiz gehen.

Das Tier ärgerte mich auf diesem Abschnitt immer wieder – fast jeden Tag gab es einen Platten. Eine konkrete Ursache ließ sich kein einziges mal feststellen, die winzigen Löcher befanden sich immer an anderen Stellen, Dornen oder ähnliches waren nicht zu finden. Selbst der Wechsel des Schlauchs brachte keinen Erfolg, so dass ich frustriert meinen Bruder bat mir die bereits bei ihm bereitliegenden neuen Mäntel noch schnell an den Bodensee zu schicken. Eigentlich sollten diese erst wesentlich später in Spanien auf die Felgen kommen, aber jeden Tag flicken war nun auch keine Alternative. Mit den neuen Mänteln ist nun zumindest Ruhe eingekehrt, das Tier rollt und rollt.

Da war die Luft raus.

Es war wunderbar nach so langer Zeit Freunde und Familie wieder zu sehen. Vielen Dank für die ganzen Einladungen, eure Zeit und eure Unterstützung! Es ist toll so viele Anlaufpunkte zu haben. In diesem Sommer in Deutschland konnte ich nicht nur die Ausrüstung in Schuss bringen sondern auch nochmal ordentlich Energie tanken für den nun kommenden zweiten Reiseabschnitt. Klingeling und escape now!


Reisezeit: Juli/August 2023

Kommentare

3 Antworten zu „Ein Sommer in Deutschland“

  1. Benutzer Icon
    Steve

    Der alte Mann in Delitzsch muss wohl der hinter der Kamera gewesen sein. Ich sehe da nur einen dynamischen Typen im besten Alter, der vielleicht etwas vorzeitig aufgrund externer Einflüsse ein paar graue Haare bekommen hat?!

    1. Benutzer Icon

      Und ich dachte du trägst das mit Würde …

      1. Benutzer Icon
        Steve

        Wü… was? xD

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