Die alten Steine Mesoamerikas

Haben sich gut versteckt, die alten Steine da im Yaxhá Nationalpark in Guatemala.

Mit Mexiko waren in meinem Kopf anfangs die Pyramiden der Azteken und der Maya verknüpft. Alte steinerne Ruinen, die ein bisschen anders aussehen als die „großen Brüder in Ägypten“, aber trotzdem einen Besuch wert sind. Naja, ich reise ja, um die Welt kennenzulernen, mit dem Fokus auf Lernen.

Genauso wenig wie Kolumbus Amerika entdeckt hat, genauso wenig waren die Azteken und die Maya die Ureinwohner Mittelamerikas. Denn schon lange, bevor sich die Hochkulturen der Azteken und Maya entwickelten, war diese Region von Menschen besiedelt. Archäologische Funde gibt es ab 9.000 vor Christi, aber schon 20.000 v. Chr. sollen Menschen in der Region gesiedelt haben. Im sogenannten Mesoamerika, das dem heutigen Gebiet der in etwa südlichen Hälfte Mexikos, Belize, Guatemalas, El Salvadors, Honduras, Nicaraguas und Costa Ricas entspricht; gab es zu verschiedensten Zeitpunkten der Geschichte nicht nur Azteken und Maya, sondern noch viele weitere Hochkulturen: Tlaxcalteken, Tolteken, Boruca, Chichimeken, Huaxteken, Huicholen, Mayangna, Mazateken, Mixe, Mixteken, Olmeken, Otomí, Purépecha, Totonaken und Zapoteken. Auf Wikipedia gibt es noch eine wesentlich längere Liste der indigenen Völker dieser Region. Einige dieser Hochkulturen existierten zeitgleich, unterhielten wirtschaftliche Beziehungen oder bekriegten sich auch. Es kam zu Eroberungen, der Zerstörung von Städten und der Neugründung von Machtzentren. Der Lauf der Geschichte halt, nur dass dieser in meinem Geschichtsverständnis erst noch einen Platz finden musste.

Mit der Kolonisierung durch die Spanier wurden die letzten Hochkulturen unterworfen und das Christentum eingeführt. Doch auch heute gibt es noch Nachfahren der indigenen Bevölkerung, jedoch in den verschiedenen Ländern unterschiedlich stark ausgeprägt. Von meiner Beobachtung her hat Guatemala heute den größten Anteil indigener Nachfahren. Es existieren noch einige der alten Sprachen, beispielsweise Mayathan; ebenso wie zahlreiche Bräuche oder Mischungen aus ursprünglichen Ritualen kombiniert mit christlicher Rhetorik. Dazu kommen aber natürlich auch noch die ganzen alten Steine: Es gibt Tausende archäologische Stätten auf dem Gebiet Mesoamerikas – Teotihuacán, Chichén Itzá, Palenque und Tikal sind halt nur die touristisch am intensivsten vermarkteten.

Auf meiner Reise habe ich mir sechs dieser Stätten angeschaut, für Tula und Teotihuacán gab es eine Empfehlung, die anderen haben sich eher spontan ergeben. Ganz bewusst habe ich auf Chichén Itzá und Tikal verzichtet. Zu sehen gab es da nicht nur Pyramiden, sondern noch jede Menge anderer Strukturen – aber seht selbst auf den folgenden Fotos.

Teotihuacán, Mexiko

Die Sonnenpyramide.

Teotihuacán war die Großstadt Mesoamerikas schlechthin. Bis zu 200.000 Menschen sollen da gewohnt haben; irgendwann zwischen 100 und 650 n. Chr., ab 750 wurde die Stadt aus bisher nicht geklärten Gründen verlassen. Allgemein ist nicht zu viel bekannt, da die Bewohner keine Schrift hatten und sämtliche Information nur aus der Deutung archäologischer Funde ableitbar ist.

Und ja, schon allein die Fläche der archäologischen Ausgrabungsstätte ist riesig; man muss schon etwas Zeit mit sich bringen, um alles zu sehen. Schon von Weitem sieht man zwei riesige Pyramiden aus der Landschaft auftauchen: Die Mond- und die Sonnenpyramide. Letztere ist die drittgrößte der Welt, mathematisch gesehen aber eigentlich keine Pyramide. Die Struktur ist eher ein Stufentempel, wobei fünf Pyramidenstümpfe aufeinander aufgesetzt sind, nach oben jeweils mit einer geringeren Neigung. Damit erreicht die Pyramide stattliche 65 Meter Höhe bei einer quadratischen Grundfläche mit 225 Metern Kantenlänge. Auf jeden Fall ein ziemlich mächtiger Gesteinsklotz, wenn man davor steht.

Allein ist man beim Besuch dieser Stätte nicht, Teotihuacán ist nur 45 Kilometer von Mexiko Stadt entfernt und eines der Touristenziele schlecht hin. Schon allein der Fakt, dass es zwei große Parkplätze für Busse gibt, spricht für sich. Auf der gesamten Anlage tummeln sich zudem Händler, die mit polierten Steinen, Spielzeug, Tüchern, Ketten und anderem Klimbim versuchen ein Auskommen zu erhalten; man wird fast an jeder Ecke oder an jedem Treppenaufgang angesprochen, was sich manchmal auch eher wie angebettelt anfühlt.

Trotz der vielen anderen Besucher und der aufdringlichen Händler war der Besuch dieser historischen Stadt es absolut wert. Die schiere Größe der Stadt, die unzähligen verschiedenen Strukturen, die es neben den zwei prominenten Pyramiden zu bestaunen gab, die Skulpturen am Tempel des Quetzalcóatl, die beeindruckende Wirkung der „Straße der Toten“ – es gibt wirklich viel zu sehen und zum Staunen.

Tula, Mexiko

Tula liegt ganz im Norden Mesoamerikas, in etwa 75 Kilometer von Mexiko Stadt entfernt. Es war die Hauptstadt der Tolteken und in etwa von 900 bis 1150 bewohnt. Tula hatte damit nach dem Untergang Teotihuacáns und vor dem Aufstieg Tenochtitlans Bedeutung; letztere Stadt war das Zentrum der Azteken – heute befindet sich im ehemaligen Tenochtitlan die Altstadt von Mexiko Stadt.

Die Hauptattraktion in Tula ist die Morgenstern-Pyramide. Sie wurde stark restauriert, mit vielen Annahmen, wie es mal gewesen sein könnte. In Bodennähe sind noch Teile von Reliefs vorhanden, die Jaguare, Kojoten, Adler und einer Menschen verschlingende Schlangen zeigen. Die Statuen auf dem Plateau der Pyramide wurden bei Ausgrabungen hinter der Pyramide gefunden – wohl ein Anzeichen für die Zerstörung der Anlage.

Besichtigen lassen sich noch eine weitere Pyramide, mehrere Säulenhallen und zwei Ballspielplätze – alles um einen riesigen freien Platz angeordnet. Bis auf die Ballspielplätze scheint nicht so viel bekannt zu sein über die eigentliche Funktion der Gebäude; es finden sich lediglich Beschreibungen, wie genau es ausgesehen haben könnte und zu welchen anderen archäologischen Stätten es Ähnlichkeiten gibt.

Monte Albán, Mexiko

Monte Albán war die Hauptstadt der Zapoteken von 300 bis 950 n. Chr., danach wurde sie verlassen und später nur noch als Grabstätte genutzt. Die ehemalige Stadt befindet sich ein paar Kilometer neben Oaxaca de Juárez, auf 1900 Metern auf einem abgeflachten Berg, der sich 300 Meter von der umgebenden Hochebene abhebt. Diese Hochebene verfügt über fruchtbare Böden und wurde schon damals landwirtschaftlich genutzt. Die Hänge der Bergkuppe wurden terrassiert, um Platz für Wohngebäude zu schaffen. Auf dem Plateau des Berges befanden sich die Gebäude von kultureller und ritueller Bedeutung: Pyramiden, Tempel, ein Ballspielplatz, ein Gebäude für astronomische Zwecke, aber auch die Wohngebäude der Elite.

Ein Großteil der Ruinen ist bereits restauriert, an einigen finden noch aktive Arbeiten statt. Die Lage auf der Bergkuppe mit den grandiosen Ausblicken auf die umliegende Hochebene, eingerahmt von zahlreichen Bergketten im Hintergrund, gab der archäologischen Stätte in meinen Augen nochmal etwas ganz Besonderes.

Edzná, Mexiko

Die Palastpyramide.

Edzná ist eine ehemalige Stadt der Maya und war ziemlich lange bewohnt – von 400 v. Chr. bis zur Aufgabe der Stadt um 1450. Die archäologische Stätte liegt im Bundesstaat Campeche, in etwa 44 Kilometer östlich der gleichnamigen Stadt und damit eigentlich mitten im Nirgendwo, wo es nur ab und zu mal ein winziges Dorf gibt. Es liegt mitten im dichten Dschungel und nur die riesige Palastpyramide schaut von Weitem etwas heraus.

Mit einer Fläche von um die 25 Quadratkilometer muss die Stadt ein ziemlich bedeutendes Zentrum der Maya gewesen sein. Der für Besucher zugängliche, rekonstruierte Bereich ist um einiges kleiner – es ist der Teil der ehemaligen Stadt mit den zeremoniell wichtigen Gebäuden. Dazu zählen zum Beispiel eine kleine sowie eine große Akropolis, diverse Tempel und Wohnstrukturen und ein Ballspielplatz. Absolut hervorstechend ist die bereits erwähnte Palastpyramide, die Teil der großen Akropolis ist. Die Pyramide besteht aus fünf Etagen mit 22 Räumen, mit einem Tempel im oberen Bereich. Am Rande der restaurierten Strukturen befindet sich eine große, bisher nur zum Teil ausgegrabene Pyramide, die noch stark mit Bäumen und Sträuchern bewachsen ist. Sie gibt einen guten Eindruck, wie solche archäologischen Stätten in etwa vorgefunden werden; vermutlich gibt es im umliegenden Dschungel noch den ein oder anderen überwachsenen Hügel, der das ein oder andere Geheimnis birgt.

Bei meinem Besuch am späten Nachmittag war ich völlig allein, von den unzähligen Leguanen mal abgesehen. Der Ort fühlte sich wie ein kleines verstecktes Juwel an. Allerdings wird fleißig an der Touristen-Infrastruktur gebaut: Großer Parkplatz, Restaurants und andere Gebäude, selbst an der Straßenanbindung scheint gearbeitet zu werden – vermutlich ist es dann 2025/26 mit der absolut entspannten Atmosphäre vorbei.

Xunantunich, Belize

Die ehemalige Maya-Stadt Xunantunich befindet sich auf einer Erhebung über dem Mopan-Fluss in Belize in unmittelbarer Nähe zur Grenze Guatemalas. Sie hatte einst wirtschaftliche Bedeutung, da sich von Xuantunich aus der Handel entlang des Mopan-Flusses und dem angrenzenden Belize-Tal kontrollieren ließ.

Ähnlich wie in Edzná ist nur ein Teil der Ruinen ausgegraben. El Castillo ist die größte Pyramide mit 40 Metern Höhe und beeindruckenden Friesen auf der West- und Ostseite. Mittlerweile sind die originalen Friesen mit exakt nachgebildeten Replika überdeckt, um die Originale vor Erosion zu schützen. Man kann diese Pyramide auch erklimmen, wobei der Platz oben recht eng ist und man bei den äußerst steilen Wänden besser nicht zu nahe an den Rand geht. Neben El Castillo gibt es noch weitere Pyramiden, eine Struktur mit mehreren Grabkammern und natürlich wieder einen Ballspielplatz zu besichtigen. Das für Besucher zugängliche Areal ist recht kompakt und vom umgebenden Regenwald dominiert. Auch hier sind nur Teile der vorhandenen Strukturen ausgegraben.

Yaxhá, Guatemala

Im Norden Guatemalas, im Bundesstaat Peten, befindet sich der Yaxha-Nationalpark mit der ehemaligen Maya-Stadt Yaxha. Das bekannte Tikal liegt etwas weiter westlich, im Yaxha-Nationalpark geht es dagegen aber absolut ruhig zu. Von der aus Belize nach Flores in Guatemala führenden Hauptstraße zweigt irgendwann eine 10 Kilometer lange Offroad-Piste in den Park ab, bei dessen Eintritt die Nutzung des Campingplatzes gleich mit eingeschossen ist.

Die Ruinen befinden sich mitten im geschützten subtropischen Regenwald und sind nur zu einem kleinen Teil ausgegraben und restauriert. Oftmals steht vor einem dicht bewachsenen Hügel ein Schild mit der Erklärung, welches Gebäude sich unter der natürlichen Decke befindet. Ein paar der Strukturen lassen sich über Holztreppen besteigen, manche restaurierte Tempel auch über die seitlichen Steintreppen. Von da aus bekommt man dann einen wunderbaren Blick von oben heraus aus dem Regenwald und kann in der näheren Umgebung ein paar der anderen heraus schauenden „Steinwipfel“ betrachten. Das ganze Areal ist äußerst weitläufig und dürfte selbst an sonnigen Tagen durch den Schatten des Waldes recht angenehm zu besuchen sein. Die ehemalige Maya-Stadt ist aber nicht ganz ausgestorben; neben ein paar Touristen und Nationalpark-Mitarbeitern gibt es vor allem unzählige Brüllaffen, die hin und wieder ihrem Namen auch alle Ehre machen.

Yaxha war mein persönlicher Höhepunkt von den von mir besuchten Stätten. Durch die nur teilweise Rekonstruktion und den wunderbaren, ruhigen Regenwald wirkt es wie eine sehr natürliche historische Stätte. Dazu kommt die Lage oberhalb der zwei kleinen malerischen Lagunen und die wunderschöne Sonnenuntergangsstimmung, die sich entweder von der Spitze der Pyramiden oder direkt an der Lagune herrlich genießen lässt.

Jede der Ausgrabungsstätten hatte etwas Eigenes, welches sie besonders machte im Vergleich zu den anderen. Allerdings hatte ich nach den sechs besuchten Anlagen auch erst mal genug von Ruinen des präkolumbianischen Mesoamerikas gesehen und danach bewusst keine weiteren Stätten mehr besichtigt.

Kommentare

Eine Antwort zu „Die alten Steine Mesoamerikas“

  1. Benutzer Icon
    Andreas

    Mit war gar nicht bewusst, dass die Kultur der indigenen Völker so vielseitig war.
    Beeindruckende Bilder.
    Danke für den Einblick.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert