Polen, wo versteckst du deine schöne Natur?

Städte, Dörfer, Burgen und solches Zeug gehören natürlich dazu wenn man sich ein Land anschaut. Am wohlsten fühle ich mich aber in der freien Natur. In Wäldern, Gebirgen, weiten Landschaften. Was davon gab es nun in Polen zu sehen?

In den polnischen Küstenwäldern.

Entlang der Ostseeküste gab es viele Kiefernwälder und lange Sandstrände zu bestaunen. Von letzteren hatte ich mich ja dann aber aufgrund der Urlaubszeit eher etwas ferngehalten. Die Kiefernwälder waren aber wunderschön. Denn hier handelt es sich nicht um komplett plane Waldflächen mit staubtrockenem, benadeltem Waldboden. Es waren leicht hügelige Landschaften mit Kiefern, die nicht alle ganz gerade gewachsen sind. Hier und da ein paar Birken und verschiedenste Arten von Unterholz: Beeren, Moose, Farne, Sträucher, Heide. Immer wiedersah es etwas anders aus. Wenn die Sonne rein schien gab es ein herrliches Farbspiel. Diese Art Wald sollte ich auch immer mal wieder entlang des Eurovelo 9 finden.

Dann gab es aber auch die eher langweiligen Kiefern oder Fichtenwälder mit recht kahlem, nadeligem Waldboden, der höchstens von ein paar herumliegenden Ästen oder Sturmbrüchen bedeckt war. Dort traf man dann aber recht häufig den gemeinen Polen bei der Ausübung des Nationalsports „Pilze sammeln“ an. Ganz egal ob es regnete oder welcher Wochentag vorherrschte. Der Pole sammelt Pilze. Eine gute Fährte zum Auflauern von Pilzsammlern sind die in den Wäldern am Straßenrand geparkten Autos. Zum spotten von Pilzsammlern eignet es sich jedoch auch das Zelt an den entlegensten und unattraktivsten Winkeln dieser Wälder aufzuschlagen und dann am nächste Morgen in Ruhe zu frühstücken: Es wird nicht lange dauern bis die ersten Exemplare auftauchen. Einige sind dann auch nicht scheu und trauen sich bis auf einen halben Meter an das Zelt heran, um auch ja keinen Pilz zu vergessen. So ein Zelt an sich scheint den Pilzsammler jedoch nicht zu stören.

Ein einsamer See am perfekten Campspot.

Verlässt man den Wald dann wieder, so geht es durch weite landwirtschaftlich genutzte Flächen weiter, bis irgendwann wieder mal so eine Waldinsel auftaucht. Hin und wieder sind eine Wälder auch als Naturschutzgebiete ausgeschrieben – in Polen heißen diese dann Reservat. In den Reservaten gibt es meist Wandererparkplätze, einfache überdachte Sitzgarnituren oder noch komfortablere Unterstände mit Sitzgarnituren darunter, Mülleimer deren Funktion allerdings nur wenigen Besuchern geläufig zu sein scheint und Beschilderungen für Wanderwege. Die als Reservat gekennzeichneten Wälder sind dann wieder was fürs Auge. Hier gibt es oft auch Mischwälder, verschiedenste Unterhölzer, kleine Bäche, Tümpel, hin und wieder auch kleine Teiche oder Seen – einfach schöne Natur.

Guten Morgen – perfekter Ausblick zum Frühstück.

In einem dieser Reservate hatte ich dann auch einmal einen Volltreffer bezüglich des Campspots: Ein offizieller Waldcampingplatz ohne Mülleimer und ohne Müll (ja, sowas scheint auch zu gehen), gemähter Rasen, Feuerstelle, See mit herrlich klarem Wasser und einem kleinen Steg in den See hinein, Mischwald. Das Wetter war sonnig, Nachts gab es einen Sternenhimmel und ich war allein. Ein wirklich perfekter Platz, wo ich gern noch etwas länger verweilt hätte, wenn es da nicht schon eine Einladung in Posen gegeben hätte …

Im Teichgebiet Milicz.

Ein wirklich guter Tipp zum Natur genießen war auch das Teichgebiet Milicz. Hierbei handelt es sich um ein riesiges Gebiet mit um die 285 ursprünglich als Fischteiche angelegten Teichen, welches heute unter Naturschutz steht. Die Teiche liegen alle sehr dicht beieinander, oft nur durch oft kerzengerade Fahrwege mit einer Baumreihe links und rechts des Weges voneinander getrennt. Manchmal auch mit größeren Landflächen dazwischen wo dann das ein oder andere Backsteingebäude darauf anzufinden sind. Das ganze wirkt wie ein riesiges Labyrinth aus Teichen und Wegen dazwischen. Die Teiche sind an den Ufern typisch mit Schilf bewachsen, haben oft Inseln und es gibt jede Menge an Vögeln zu betrachten. Gerade weil es eine Brutstätte für ganze Vogelkolonien ist, wurde es wohl unter anderem unter Naturschutz gestellt. Laut Tippgeber soll dieses Gebiet wohl das größte zusammenhängende Teichgebiet dieser Art in Europa sein. Die Wikipedia schweigt sich über diesen Rekord aus, behauptet aber, dass es wohl eine Fläche von um die 77 Quadratkilometern einnimmt.

Berge, endlich lohnt es sich in die Ferne zu blicken.

Bei all dieser Natur handelte es sich aber vorwiegend erstmal nur um Wälder und Flachland. Von Bergen oder gar Gebirgen war da noch keine Spur. Um so höher war dann die Freude, als ich einen Hügel vor Breslau herabrollend am Horizont ein paar Berge entdecken konnte. Aber auch nach Breslau meidet der Eurovelo 9 dann wieder die Berge, es wird nur ein klein wenig hügeliger. Dafür gibt es aber dann ein paar Ausblicke auf das was in Tschechien kommt: Berge, mit Anstiegen, Tälern und Fernblicken.

Rückblickend betrachtet war die gewählte Strecke entlang des Eurovelo 9 vielleicht nicht die beste Option, um jede Menge freier, wilder Natur zu genießen. Viel interessanter wäre es wohl weiter im Osten des Landes gewesen, beginnend in den Masuren und dann entlang der östlichen Grenze gen Süden zu fahren. Auch was die Kultur angeht soll es dort wohl etwas spannender sein, da dort Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeiten und unterschiedlicher Völker leben. Auf meiner Reise versuche ich aber ganz bewusst die vorherige, exakte Routenplanung zu vermeiden. Ich möchte mich treiben lassen, überraschen lassen von dem was mir unterwegs passiert und von dem was es zu sehen gibt. Insofern ist doch alles richtig gelaufen. Zumal die Ostgrenze mit der derzeitigen politischen Lange in Belarus vielleicht auch nicht das cleverste Reiseziel ist.


Reisezeit: August/September 2021

Kommentare

2 Antworten zu „Polen, wo versteckst du deine schöne Natur?“

  1. Benutzer Icon
    Andreas

    Spannender Bericht, aber viel interessanter ist ja, wer da neben dir die Natur bestaunt?

    Libe Grüße von einem deutlich größeren See. …

    1. Benutzer Icon

      Das ist Marcin – einer meiner grandiosen Warmshower Hosts und ein wahrer Weltenradler. Warmshowers ist nochmal ein ganz eines Thema für einen Blogpost. Ach ja, es gibt noch so viel zu berichten …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert