Unterwegs im Süden Zyperns

Von Famagusta aus ging es weiter in den Süden Zyperns, genau genommen in die Republik Zypern und damit nach einer ganzen Weile mal kurz in die EU. Dort konnte ich mal wieder mit Euros zahlen, die deutsche SIM-Karte reaktivieren und im LIDL einkaufen gehen. Guten Morgen hieß nun nicht mehr Günaydın sondern Kaliméra, dank der drei Monate in Griechenland zu Beginn der Reise aber auch ein gewohnter Klang. Ja, der Süden Zyperns fühlte sich für mich nicht wie ein völlig unbekanntes Land an, auch wenn es das eigentlich war.

Die Unterschiede zum Norden und der TRNC waren aber offensichtlich. Alles wirkte schon etwas westlicher, moderner und herausgeputzter. Stellenweise gab es sogar einige Kilometer guter Radwege! Die wesentlich höhere Wirtschaftskraft der Republik Zypern war klar zu erkennen – dafür wiesen aber auch überall die Preisschilder höhere Beträge aus. Die Kirchen waren hier im Betrieb, vereinzelt sah ich aber auch aktive Moscheen – keine abgesperrten oder geplünderten. Die Bauruinen fehlten, auch gab es keine Schwemme an verlassenen Gebäuden. Dafür kam ich des öfteren an Picknickplätzen vorbei, mit überdachten Sitzgelegenheiten sowie Toiletteninfrastruktur – perfekt geeignet, um diese in der Nebensaison zum Freiübernachten zu nutzen 😉

Schon die erste Nacht verbrachte ich so am Kap Greko, allerdings wieder mal in Gesellschaft. Kurz vor der Innerzyprischen Grenze tauchte nämlich vor mir ein Radfahrer auf: Ein ziemlich kleines Rad übermäßig beladen, darauf ein älterer Herr in einer orangen Jacke mit Leuchtstreifen. Als ich den vermeintlich Einheimischen beim Überholen auf Türkisch grüßte, fragte er mich auf Deutsch ob ich denn aus Deutschland sei. Bäm! Da war wieder eine dieser verblüffenden Begegnungen. Getroffen hatte ich hier Lars aus Stockholm, der mit seinen jungen 73 Jahren auf einem Klapprad unterwegs war. Natürlich hatte Lars viel weniger Gepäck dabei als ich, wohl aber mehr Erfahrung – sein Länderzähler lag mit über 100 bereisten Ländern fern ab von meinem, per Rad waren es aber wohl „nur“ um die 50. Aktuell war er auch „nur“ auf einem fünfmonatigen Trip (ich hoffe die Zahlen richtig zu erinnern), erst durch die Türkei und nun auf Zypern unterwegs. Mit dem Klapprad fuhr er, da es die einzige Art von Fahrrad sei, die man in Schweden im Zug transportieren dürfte. Dieses Rad hatte er aus Japan, da der Vorgänger dort beim Radeln unreparierbar kaputt ging. Kette und Ritzel waren so alt wie das Rad – kamen wir an Steigungen so sprang die Kette, Lars stieg ab und schob seinen Drahtesel ohne zu Murren stapfend den Berg hinauf. Als er mir später auf der Karte ein paar Tipps für die Türkei gab, bekamen seine Leistungen für mich nochmal eine ganz andere Dimension. Chapeau Lars! Er war ein äußerst angenehmer Zeitgenosse, es gab viel zu erzählen und so radelten wir von der Grenze bis zum Kap gemeinsam und verabschiedeten uns dann erst am nächsten Vormittag wieder.

Wettertechnisch hatte ich während der Zeit im Süden Zyperns verdammt viel Glück – es war trocken und äußerst mild. Die perfekten Bedingungen, um gemütlich der Küste zu folgen, abends einen Campspot mit Meeresblick und -rauschen zu beziehen, morgens in aller Ruhe zu Frühstücken, zu Lesen und langsam in den Tag zu starten. Dank der Nebensaison gab es auch keinerlei Probleme bei der Zeltplatzsuche – es war schön ruhig. In den größeren Städten wie Larnaka, Limassol und Paphos gab es Stops in Cafés zum Naschen, Genießen und Akkus laden. Da wo die Karten-App Mapy.cz Sehenswürdigkeiten am Wegesrand verortete, stoppte ich – für einen Ritt in die Berge im Inneren der Insel war ich allerdings diesmal zu faul. Das Ziel war ja schließlich eine Überwinterungs-Pause, also mal ja keine Hektik aufkommen lassen! Hatten mir andere Reisende von den antiken Stätten in Paphos vorgeschwärmt, so war ich davon eher weniger beeindruckt – zu viele ähnlicher Anlagen gab es schon in Griechenland und der Türkei zu besichtigen. Wenn man allerdings noch keine größeren antiken Mosaike in echt bewundern konnte, so ist der Archäologische Park doch einen Abstecher wert. Interessanter fand ich dagegen die Königsgräber in Paphos, wo jedoch keine Könige begraben sind oder waren. Es handelt sich dort um eine Art antiken Friedhof mit unterirdischen Grabanlagen wo vermutlich die wohlhabenderen Bewohner bestattet wurden. Nicht nur die Größe des Areals ist beeindruckend, einige der Grabkammern sind ziemlich anspruchsvolle Bauwerke mit Säulen und verwinkelten Kammern.

Als ich kurz hinter Paphos ans Meer abbog, um das Zelt für die Nacht aufzustellen stand da schon ein Zelt neben einem Fahrrad. Es war Monika aus Litauen, die im Grunde genau das gleiche machte: Langsam von einem Campspot zum nächsten zu ziehen, den milden Winter auf Zypern genießend. Sie ist nun auf dem Weg in Richtung Iran, da wo ich gerade her kam – trotzdem hatte sie schon einige Tausend Kilometer mehr auf dem Tacho, es ist nicht ihre erste Radreise. Sie war die fünfte Radreisende, welche ich auf der Insel traf. Zur Erinnerung: Da waren Steph, Chrissi und Laura sowie bisher unerwähnt Ramona die mit ihrem Partner Daniel unterwegs war. Meist treffe ich nur Männer oder Pärchen, und das scheint auch der typische Durchschnitt für Radreisende zu sein. Auch hier wieder einmal: Chapeau! Als Frau solo das Zelt einfach irgendwo aufzustellen und zu nächtigen ist nochmal eine andere Nummer. Wobei ich das Ganze jetzt nicht nur aufs Kampieren reduzieren möchte.

Von Paphos aus in Richtung der Akamas Halbinsel und von da weiter bis Kato Pyrgos wurde es immer „inseliger“ – immer ruhiger und verschlafener. Die großen Städte hatte ich nun verlassen und auch wenn die Straße einmal um die Insel herum führte, es war der eher weniger befahrener Teil. Ganz klar, dort gefiel es mir ab besten! Schon allein der Campspot kurz vorm Kap Akamas war der Hammer. Vom höchst spektakulären Bad der Aphrodite aus ging es auf einem von Quads ausgefahrenen, teilweise verdammt steilen Weg zu einer entlegenen Bucht wo ich dann für die Nacht wirklich komplett allein war. Das Zelt direkt am Wasser etwas erhöht aufgebaut, der Ausblick war traumhaft. Wenn es nur immer solche genialen Plätze fürs Zelt gäbe.

Bei Kato Pyrgos überquerte ich die Grenze zurück in die TRNC, um nochmal ein paar Tage bei den Rainbow Peoples aufzuschlagen. Was für ein schönes Gefühl bei Freunden anzukommen!


Reisezeit: Januar 2023

Kommentare

2 Antworten zu „Unterwegs im Süden Zyperns“

  1. Benutzer Icon
    Andreas

    Neben dem Besonderen für die Augen sind dir Begegnungen mit interessanten Menschen das Beste an einer Reise.
    Ich habe am Mittwoch in Dresden in einem Irish Pub gesessen als ein älterer Herr mich ansprach.
    Tim ist ein schätzungsweise 70 Jahre alter Schotte, der mit mir über die Antibabypille, Sensoren für den Blutzuckerwert und den Brexit redete.

    1. Benutzer Icon

      Ja, da draußen sind so viele spannende Menschen unterwegs wodurch man nochmal ganz andere Einblicke bekommt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert