Wochenlang ging es durch Seen- und Sumpflandschaft.
Es war Ende November, das Wetter sonnig mild, perfekt für das kurze Radeloutfit. Im Hafen von Tampa in Florida rollte ich das Tier von Bord eines Kreuzfahrtschiffs und reiste damit in die Vereinigten Staaten von Amerika ein. Es war aber nicht nur ein neues Land in das ich nun meinen Fuß setzte, es war ein neuer Kontinent; nach so vielen Träumereien war ich nun in Nordamerika angekommen. Aber so richtig am Ziel war ich noch nicht, denn eigentlich sollte es nach Lateinamerika gehen, was von Tampa aus gesehen in Mexiko beginnen würde. Es mussten also noch ein paar Kilometer zurückgelegt werden – laut Karten-App war der nächsten mexikanische Grenzübergang nur rund 2100 Kilometer entfernt. Aber wollte ich da auch hin, nach Matamoros, ganz im Nordosten Mexikos? Wäre es nicht vielleicht auch spannend die Route durch Mexiko ganz im Westen zu beginnen und Baja California zu durchqueren? Für letzteres hätte es zumindest auch erst mal eine komplette Ost-West-Durchquerung der USA gebraucht, weit mehr als die 2100 Kilometer. Vielleicht würde ich mir irgendwo einen Mietwagen nehmen, um noch einen Abstecher in den Winter zu einem der Nationalparks in den südlichen Rocky Mountains machen, um anschließend in Kalifornien anzukommen? Die Route war also nur so grob klar, wie so oft würde ich es einfach auf mich zu kommen lassen und erst mal anfangen drauf los zu radeln.
Wohnquartier in Tampa.
Nach einer ersten Nacht bei Barbara und John aus der Warmshowers Gemeinschaft, ging es dann auf den Suncoast Trail – einen asphaltierten Fahrradweg der mich 54 Meilen gen Norden bringen sollte. In Florida gibt es einige solcher Trails, jeweils mit Parkplatz an Anfang und Ende des Trails, meist inklusive Toilette und Wasseranschluss – sogenannte Trailheads. Auf längeren Routen gibt es solche Trailsheads auch an einigen Punkten zwischendurch. Viele Radler habe ich allerdings nicht auf dem Trail gesehen, aber Fahrrad fahren scheint auch nicht das Ding in den Staaten zu sein, wenn auch in den offenen Garagen oft Fahrräder zu sehen waren, vermutlich aber einfach nur als Dinge die man besitzt. Um diese Fahrradwege zu nutzen, laden die Amerikaner ihre Fahrräder oder Trikes in ihre Pickups, fahren dann zum Trailhead, um von da aus mit dem Rad eine Runde zu drehen und anschließend geht es mit dem Auto wieder zurück nach Hause. Ich freute mich über diese gute Fahrrad-Infrastruktur, von der es schon bald nicht mehr so viel geben sollte.
Als es dämmerte, bog ich irgendwo links in einen Wald auf einen anderen Trail ein und fand recht schnell ein geeignetes Plätzchen für die erste Nacht im Zelt. Die Vegetation um mich herum war wunderschön und absolut neu für mich. Es gab Kiefernwälder, die in der Strauchzone mit Palmen bewachsen waren. An den Kiefern wuchsen Tillandsien, dann gab es wiederum erste Sumpfflächen zu sehen in denen riesige Sumpfzypressen standen, die im Bodenbereich kegelförmig wesentlich breiter wurden und dort über mehrere Sprosse zur besseren Stabilität im Sumpf verwurzelt sind. Markant für die Sumpfzypressen sind auch die sogenannten Atemknie, welche als Wurzelauswüchse für den Gasaustausch des Wurzelsystems vor den Bäumen aus dem Sumpf auftauchen. Manchmal waren einige Ecken ziemlich dicht, fast schon dschungleartig zugewachsen, andere Stellen boten ein paar tiefere Einblicke – es war absolut spannend. Es mangelte nicht an Eichhörnchen, dafür aber an Alligatoren. Vielleicht aber auch ganz gut so, keinen gefräßigen Besuch Abends am Zelt zu bekommen.
Über die nächsten Tage radelte ich immer weiter in Richtung Norden, denn bevor es „rüber nach Mexiko“ gehen konnte, galt es zunächst die Halbinsel Floridas zu verlassen. Hin und wieder ging es nun auch mal durch ein paar landwirtschaftlich genutzte Gegenden mit großen eingezäunten Weideflächen, auf denen vereinzelte Baumriesen standen: Lebenseichen mit einer wunderschön verzweigten Baumkrone und dicht behangen mit Spanischem Moos – wie eine Art „bärtige Bäume“, die etwas Verwunschenes hatten. Die Lebenseichen stehen aber auch in den Ortschaften, entlang von Straßen teilweise als Alleen, sie sind typisch für die Region. Das Wetter zeigte mir seinen kompletten Besteckkasten: Von kühlen Nächten in denen der Winterschlafsack notwendig war, zu 27°C Tagen mit so einer hohen Luftfeuchtigkeit, dass alles an mir zu kleben begann. Aber auch die Dusche sollte nicht lange auf sich warten lassen und so kamen auch ein paar Regentage die zwar für ein paar ganz gute Fotomotive sorgten, meine Ausrüstung aber einmal komplett einweichten und ich mich wieder nach Sonnenschein sehnte. Was das Wildcamping anging, so fand sich immer irgendwie etwas. Zwar war viel Land privat, was dann stets eingezäunt und mit „No Trespassing“ oder „Keep out“ Schildern versehen war, aber ich hatte ja nun schon genügend Erfahrung im Plätze finden. Zu meinen Favoriten in den Staaten wurden die vielen öffentlichen Bootsrampen entweder direkt an der Küste, an Flüssen, Seen oder an den Sümpfen. Dort gab es immer ein gemähtes Stückchen Wiese, manchmal sogar eine kleine Überdachung, Toilette und Mülleimer. Mal fand ich ein Plätzchen im State Forest, dann gab es mal eine offizielle Übernachtung in einem der Stateparks und natürlich gab es auch ab und zu auch nur so mittelmäßig optimale Spots.
Nach ein paar Tagen hatte ich die Halbinsel hinter mir gelassen und radelte nun öfter direkt an der Golfküste entlang. An der Küste gab es lange Sandstrände, teilweise mit fast schon weißem Sand, dahinter ein paar Kiefern mit Gesträuch und weiter landeinwärts lagen die schon bereits erwähnten Sümpfe. Es war absolut flach, der Wind wehte tatsächlich meistens von hinten und so ließen sich ganz gut Kilometer abreißen. Mehrfach tauchten am Straßenrand Schilder auf, die vor Bären warnten – Bären, mitten an der Golfküste Floridas – das hatte ich nun überhaupt nicht erwartet. Zu Gesicht bekommen habe ich jedoch keinen. Dafür nun aber endlich mal einen kleinen etwa anderthalb Meter langen Alligator, der die wärmenden Sonnenstrahlen genoss. Bis auf ein paar Unfallopfer sollte es jedoch der einzige bleiben – auch wenn die Temperaturen für meinen Geschmack recht mild waren, es war halt Winter.
In den Ortschaften, wo es besonders schöne Strände gab, sah alles etwas hochpolierter aus – es gab Hotels, teilweise aufwendig verzierte Gebäude, Menschen die auf Golfcarts unterwegs waren, vieles was nach Luxus strotzte. Dort begegneten mir zum ersten mal Jogger und mehrere Radfahrer die sportlich unterwegs waren; die Menschen wirkten überwiegend sehr gepflegt, sportlich, schlank und entsprachen dem Social-Media-Ideal. Da wohnten ganz klar die Wohlhabenden, die sich diesen teuren Lifestyle leisten konnten. Diejenigen die genügend Zeit für Sport haben, die sich gesund ernähren können.
In den eher durchschnittlichen Städten oder Siedlungen waren die meisten Grundstücke schon gepflegt – der Rasen war beispielsweise stets gemäht, vermutlich auch um Schlangen schnell entdecken zu können. Es gab aber auch die Chaosgrundstücke auf denen sich allerhand Unrat ansammelte, wo manches etwas improvisierter wirkte. Auch gab es dort oft Siedlungen von Mobilheimen – eine Art vorgefertigter Wohneinheiten die auf einer Anhängerplattform aufgebaut sind, wobei das Fahrgestell nach Aufstellung vor Ort mit Verblendungen verdeckt wird. Und dann gab es auch noch die RV-Plätze – Campingplätze für die riesigen Wohnmobile. In den weniger noblen Gegenden standen auf diesen Plätzen auch eher ältere Modelle, an denen der Zahn der Zeit nagte. Für viele Amerikaner ist das Wohnen in Mobilheimen oder Wohnmobilen der Alltag, da es günstiger als ein festes Haus auf einem eigenen Grundstück ist. Andere haben wiederum ihr Haus in Stürmen oder Feuern verloren; in Louisiana gibt es auch Gegenden, wo der steigende Meeresspiegel die Bewohner zwang ihre Grundstücke zu verlassen.
Einblick in ein Mobilhome – da war ich über Warmshowers zu Gast.
Nach 14 Tagen hatte ich Florida hinter mir gelassen. Innerhalb der nächsten drei Tage ging es durch die Bundesstaaten Alabama und Mississippi, die nur über einen recht schmalen Küstenstreifen verfügen. Kurz vor New Orleans endete der Highway 90 in einer Sackgasse auf Grund von Brückensperrungen. Es muss wohl schon seit Jahren an Geld für die Sanierung fehlen, und eine der drei Brücken zwischen Pearlington und New Orleans ist in einem scheinbar so desolaten Zustand, dass sie für den Verkehr komplett gesperrt wurde. Der Umweg bis zur nächsten mit dem Fahrrad passierbaren Brücke wären satte 170 Kilometer gewesen, etwas worauf ich nicht unbedingt Lust hatte. Nicht all zu weit entfernt befand sich jedoch der Interstate Highway 10 – in etwa mit einer deutschen Autobahn vergleichbar. Ich radelte also zur nächsten Auffahrt, positionierte mich so, dass es genügend Platz zum Anhalten gab und streckte anschließend den Daumen nach draußen, um auf einen der zahlreichen Pickup Trucks zu hoffen. Jedes zweite Auto war geeignet, trotzdem dauerte es eine ganze Stunde, bis ich Erfolg hatte. Stephen, eine Art Bischof der Lutherischen Kirche hielt an und erahnte bereits, weshalb ich da am Straßenrand stand. Wir verfrachteten das Tier und die Taschen auf die Ladefläche seines Pickups und anschließend ging es auf den Interstate. Als wir dort zahlreiche Brücken ohne jeglichen Seitenstreifen bei über 100 km/h passierten, war ich echt froh die 10 Kilometer nicht illegaler weise auf der Schnellstraße probiert zu haben. Stephen musste etwas aus seinem Büro holen und fragte mich, wo ich denn nächtigen würde – bis New Orleans würde ich es an diesem Tag schließlich nicht mehr schaffen. So kam ich letztendlich wieder einmal in den Genuss der Magie der Straße: In dem Gebäudekomplex der Kirche hatte er nicht nur sein Büro, sondern auch noch einen Notfallraum zum Schlafen, falls er wegen eines Hurrikans mal nicht nach Hause käme. Ich durfte nun in diesem Raum nächtigen, konnte die Küche inklusive Kaffeevollautomat benutzen und sollte mich am mit Bier gefüllten Kühlschrank bedienen. Am nächsten Morgen sollte ich nur darauf achten die Tür gut hinter mir zu zuziehen. Was für ein Vertrauen!
Tags drauf erreichte ich im Regen New Orleans und legte eine kleinere Pause inklusive Stadtbesichtigung ein. Von den Städten, die ich in den USA gesehen habe, war New Orleans definitiv die schönste sowie interessanteste. Die Stadt sprudelte nur so von Kultur: Jazzmusik, Straßenkünstler, dem French-Quater mit der historischen Architektur und dazu im Kontrast andere Stadtteile mit wiederum zahlreichen verschiedenen Baustilen, der Mississippi mit den alten Dampfschiffen, Graffiti und noch so viel mehr, an dem ich mich nicht satt sehen konnte.
Auch fand ich hier das erste mal mit dem Hi New Orleans Hostel für 22 $ pro Nacht eine günstige Unterkunft in den Vereinigten Staaten und traf auf andere Reisende. Die Preise für Motels (die günstigste Klasse von Unterkünften) begannen sonst in etwa bei 65 $, später in Texas fand ich auch mal was für 37 $. Die Preise insgesamt waren allgemein recht hoch im Vergleich zu dem was ich aus den westeuropäischen Staaten gewöhnt war. Mal eben ins Restaurant gehen – selbst wenn es eine Fastfood-Kette war, gab mein Reisebudget nur selten her. Ich kochte viel selbst, fand es aber auch nicht immer ganz leicht gute Zutaten in für Radreisende passenden Gebinden/Größen zu finden. In dem Hostel in New Orleans recherchierte ich dann auch mal zu Mietwagen und beschloss danach die Pläne noch einen Nationalpark zu besuchen und von Texas an die Westküste zu fahren komplett zu streichen. Auf dem schnellsten Weg nach Mexiko würde die Reisekasse nicht unnötig belastet werden. Bis Mexiko war es allerdings noch ein ganzes Stück – Louisiana und Texas mussten noch durchquert werden.
Aus New Orleans heraus ging es die ersten Kilometer auf einem Fahrradweg entlang des Mississippis. Auf dem herrschte reges Treiben der Binnenschiffer; es fuhren unzählige riesiger Schubverbände genauso wie einige größere Frachter auf dem breiten Strom. Immer wieder kam ich an Schiffsanlegern vorbei, von denen große Rohre zu den am Fluss gelegenen Anlagen der Chemischen Industrie führten. Als der Fluss hinter mir lag, tauchten wieder die weiten Sumpflandschaften auf. Steckenweise ging es aber auch durch landwirtschaftlich genutzte Gebiete, diese Regionen mussten schon vor Ewigkeiten trockengelegt und urbar gemacht worden sein. Zum ersten mal sah ich Zuckerrohrplantagen und das in den unterschiedlichsten Stadien: Von Feldern mit kleinen Zuckerrohrpflänzchen bis hin zu super dicht und hochgewachsenen Feldern die kurz vor der Ernte standen. Aber auch der Ernteprozess ließ sich beobachten – spezielle Erntemaschinen fraßen sich durch die Felder, gefolgt von Traktoren mit Anhängern, die das vorgehäckselte Zuckerrohr gleich auffingen. Aus einer Zuckerfabrik kam jede Menge von dunklem Rauch aus den Schornsteinen, davor parkten hunderte LKWs mit Zuckerrohr. Die abgeernteten Felder wurden in Brand gesteckt und somit für die nächste Bestellung vorbereitet; glücklicherweise stand der Wind gut, so dass ich nichts von dem Rauch der brennenden Felder ab bekam.
Doch dann änderte sich auf einmal die Landschaft. Nein, es wurde nicht bergig, es gab immer noch landwirtschaftlich genutzte Flächen die sich mit Sümpfen abwechselten doch in diesen standen nun keine Sumpfzypressen mehr. Es waren riesige Weiten, die nur mit verschiedenen Gräsern oder auch ein paar kurzen Sträuchern bewachsen waren; ich konnte sehr weit blicken. Immer wieder entdeckte ich Wasserschildkröten, es gab mehr Seemöven und viele Pelikane zu beobachten. Richtig unangenehm waren jedoch die vielen Mücken. An manchen Tagen konnte ich nicht mal für eine kurze Pause anhalten, ohne komplett zerfressen zu werden. Beim allabendlichen Einrichten des Zeltes, war es immer eine kleine Herausforderung so wenig wie möglich dieser abartigen Biester in das Zelt zu lassen, denn um so weniger mussten anschließend erschlagen werden.
Je näher es auf Texas zu ging, desto mehr Anlagen der chemischen Industrie tauchten auf, angekommen in Texas waren es dann noch viel mehr. Ich sah Raffinerien, Anlagen zur Produktion von Kunststoffen, LNG-Terminals. Die rauchenden Schlote ließen sich nicht mehr zählen, auf den Straßen zog ein Tanklaster nach dem anderen an mir vorbei, ab und zu ging es entlang an riesigen Güterbahnhöfen oder über Kanäle auf denen Frachter die Produkte der Anlagen abtransportierten. Diese Gegend zwischen Lake Charles und Galveston war wirklich ziemlich hässlich aufgrund der vielen Industrie.
Es war mittlerweile Ende Dezember und bis Mexiko war es nun nicht mehr weit. Ich musste jedoch meine Geschwindigkeit etwas drosseln, denn es waren zwei Pakete unterwegs die natürlich etwas länger als erhofft brauchten. Das eine kam von meinem Bruder aus Göttingen, darin war ein neues Zelt – das aktuelle war schon längst nicht mehr dicht und bescherte mir an regnerischen Tagen viel Kummer. Per General Delivery sollte es in der Postfiliale in Kingsville ankommen, in der Sendungsverfolgung gab es aber schon seit Tagen keine Änderung mehr, seit es in New York im Zoll an kam. Doch nachdem ich ein paar Tage am Strand ausgesessen hatte, war es endlich unterwegs nach Kingsville – ich konnte weiter. Das andere Paket ging zu Richard, einem Warmshowers-Host in San Benito, kurz vor der Grenze zu Mexiko.
Die letzten gut 200 Kilometer bis nach San Benito fuhr ich durch eine savannenartige Landschaft. Doch liest sich das jetzt romantischer als es war, denn es gab leider keine Alternative zu dem stark befahreren Highway 77. Links und rechts der Straße war mal wieder alles eingezäunt und die Zeltplatzsuche unter diesen Bedingungen tatsächlich mal etwas herausfordernd, denn es gab wirklich nichts entlang der Straße – keine Siedlung und keinen freien Platz. Je weiter ich fuhr, um so mehr Opuntien tauchten auf, voller Freude knipste ich einige Bilder mit den Kakteen. Es fühlte sich so gut an, dass ich nun schon bald in Mexiko sein sollte. Dass die Opuntien im Vergleich zu ihren mexikanischen Brüdern völlig lächerlich waren, ließ sich da noch nicht erahnen.
Angekommen bei Richard, gab es nochmal eine ungewollte Pause, da auch das zweite Paket mit etwas Verspätung unterwegs war. Langweilig wurde es aber nicht, zum einen konnte ich mich ewig mit ihm unterhalten und zum anderen verlangte das Blog auch mal wieder nach etwas Aufmerksamkeit. Nach drei Tagen verabschiedete ich mich, rollte die letzten 30 Kilometer nach Brownsville an die Grenze, zog am Geldautomat noch ein paar Dollar als Notreserve und radelte schließlich über den Rio Grande nach Mexiko.
Fazit
Es gibt Länder, von denen ich vorher nichts oder nur kaum etwas wusste und dann recht vorurteilsfrei bereist habe. Bei den Vereinigten Staaten war das nun ganz und gar nicht der Fall. Die Staaten sind nun mal politisch, wirtschaftlich und kulturell sehr dominant und bedeutend. So habe ich natürlich auch meinen eigenen Sack von Vorurteilen mit ins Land gebracht. Vieles davon hat sich leider bestätigt. Beispielsweise sind die USA eine absolute Auto-Nation, es gibt unglaubliche viele Drive-Throughs, am Walmart muss man nicht mal aussteigen und kann sich bei laufendem Motor seine vorher bestellten Dinge einfach durch das Fenster reichen lassen; überall gibt es Fastfood-Restaurants; alles ist viel größer als ich es aus Europa gewohnt bin, vieles wirkte auf mich überdimensioniert. Sehr oft hingen Banner oder Flaggen zur Unterstützung von Trump in den Vorgärten, lediglich in New Orleans fand ich ein paar oppositionelle Botschaften an Häuserwänden.
Ab und zu wurde ich von einigen Autofahrern aggressiv angeschrien, was ich mir denn erlaube mit dem Fahrrad Platz zu beanspruchen – mit richtig viel Hass der da mitschwang. Doch viel viel öfter wurde ich freundlich gegrüßt, angelächelt, zu meiner Reise befragt. Wenn ich irgendwo nach Wasser fragte, bekam ich dieses ohne wenn und aber. Eine Frau wollte mir Kleidung schenken, da sie mein kurzes Radleroutfit für ungeeignet bei der „Kälte“ empfand. Ein Ehepaar kam eine dreiviertel Stunde nach einem ersten Gespräch nochmal zurück zu der Bootsrampe an der ich kampierte und wollte noch viel mehr über die Reise wissen und beschenkte mich anschließend. Ich hatte fünf mal die großartige Ehre über Warmshowers als Gast aufgenommen zu werden. Durfte in den Häusern dieser wunderbaren Menschen nächtigen, wurde herzlichst mit allerhand Köstlichkeiten versorgt und führte mit meinen Gastgebern sehr interessante Gespräche. Es gab noch viele weitere herzliche Situationen und es ist mir schon fast peinlich, dass ich das nicht erwartet hatte. Wenn ich auch froh war die USA nach anderthalb Monaten nach Mexiko zu verlassen, weil mir der amerikanische Lifestyle vielleicht nicht so zusagte und die anfangs zwar sehr spannende Landschaft über die hunderten Kilometer doch etwas langweilig wurde, so sind es die ganzen wunderbaren Menschen die mir geholfen haben, welche ich definitiv in guter Erinnerung behalten werde.
My special thanks go to Barbara and John, Kathy and Russ, Tyler and Christina, Stephen, Kathy and Will, the couple from Port Lavaca and last but definetly not least Richard.
Reisezeit: November 23 – Januar 24
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